ANDERE PFARREN

Orthodoxie in Österreich

In Österreich leben derzeit rund 400.000 orthodoxe Christen. Seit dem "Orthodoxengesetz" von 1967 genießen sie auch staatliche Anerkennung.

Dabei gilt zu beachten, dass es "die" Orthodoxie nicht gibt. Vielmehr gliedert sich die Orthodoxie in zahlreiche Schwesternkirchen auf. Grundsätzlich lassen sich zwei Stränge unterscheiden: die "orthodoxen Kirchen" und die "orientalischen Kirchen".

Unter "orthodoxe Kirchen" werden dabei jene Kirchen verstanden, die den byzantinischen Messritus verwenden. Unter den "altorientalischen Kirchen" sind unterschiedliche Messriten üblich (alexandrinisch, antiochenisch, armenisch). (Dies sind sogenannte “Monophysiten”. Genaueres siehe HIER — Anmerkung des Webmasters)

Zu den "orthodoxen Kirchen" zählen in Österreich die griechisch-orthodoxe Kirche (Patriarchat von Konstantinopel), die griechisch-orthodoxe Kirche (Patriarchat von Antiochia), die russisch-orthodoxe Kirche, die serbisch-orthdoxe Kirche, die rumänisch-orthodoxe Kirche, die bulgarisch-orthodoxe Kirche. Zu den "orientalischen Kirchen" zählen die koptisch-orthodoxe Kirche, die syrisch-orthodoxe Kirche, die armenisch-orthodoxe Kirche, die äthiopisch-orthodoxe Kirche, die malankara-orthodox-syrische Kirche, die äthiopisch-orthodoxe Kirche sowie die armenisch-apostolische Kirche.

ORTHODOXE KIRCHEN

Griechisch-Orthodoxe Kirche - Ökumenisches Patriarchat von Konstantinopel

1963 errichtete das ökumenische Patriarchat von Konstantinopel die Griechisch-Orientalische "Metropolie von Austria und Exarchie von Italien, der Schweiz und Ungarn" mit Sitz in Wien. Heute unterstehen der Metropolis von Austria die Länder Österreich und Ungarn. Derzeitiger Metropolit von Austria und Exarch von Ungarn und Mitteleuropa ist Erzbischof Michael Staikos.

In Österreich bestehen zwei griechisch-orthodoxe Kirchengemeinden. Die Gründung dieser Gemeinden liegt bereits über 200 Jahre zurück und verdankt sich dem Toleranzedikt von Kaiser Josef II. Die Pfarre zum Heiligen Georg (1010 Wien, Hafnersteig 2) wurde 1782 gegründet, die Pfarre zur Heiligen Dreifaltigkeit 1787 (1010 Wien, Fleischmarkt 13). Seit 1963 ist die Kirche zur Heiligen Dreifaltigkeit die Kathedrale der griechisch-orthodoxen Metropolis von Austria. Gegenwärtig leben etwa 18.000 griechisch-orthodoxe Gläubige in Österreich, 10.000 davon in Wien.

Griechisch-Orthodoxe Kirche - Patriarchat von Antiochia

Die griechisch-orthodoxe Kirche von Antiochia gehört zur griechisch-orthodoxen Kirche des Orients, untersteht jedoch nicht dem Patriarchen von Konstantinopel, sondern dem Patriarchen von Antiochia, Ignatios IV. In Österreich gibt es seit etwa 30 Jahren Gläubige dieses Patriarchats, hauptsächlich in Wien. Sie werden seit 2002 von Pfarrer Mihail Papas betreut. Die Gemeinde besteht aus etwa 210 Familien. Gottesdienste feiern die Gläubigen in der katholischen Kirche am Gaußplatz im zweiten Bezirk. Die Wiener Gemeinde gehört zur Metropolie von West- und Zentraleuropa, der Metropolit Gabriel (Salibia) vorsteht.

Russisch-Orthodoxe Kirche - Patriarchat von Moskau

Der russisch-orthodoxen Kirche gehören weltweit etwa 30 bis 50 Millionen Gläubige an. Damit ist sie die größte orthodoxe Kirche. Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche ist der in Moskau residierende Patriarch Aleksij II. (Patriarh Aleksij II war der Oberhaupt der Russischen Kirche von 7. Juni 1990 bis zu seinem Tod † am 5 Dezember 2008. Jetzt ist Oberhaupt der Kirche Patriarch KIRILL — Korrektur des Webmasters).

In Österreich ist die russisch-orthodoxe Kirche seit dem 18. Jahrhundert vertreten (unter Zar Peter dem Großen). Ende des 19. Jahrhunderts entstand im dritten Wiener Gemeindebezirk die Kathedrale zum Heiligen Nikolaus. Die offizielle Gemeindegründung erfolgte wenige Jahre später. 1951 wurde in Wien ein Dekanat eingerichtet, das 1962 zur Eparchie (Diözese) erhoben wurde. Seit 2003 ist Bischof Hillarion Alfejev für Wien und Österreich zuständig. (Seit 2009 — Erzbischof Mark — Korrektur des Webmasters). Bischofssitz der rund 1.000 Mitglieder zählenden Gemeinde ist die St. Nikolaus-Kirche. Als Pfarrer der Wiener Gemeinde fungiert seit 2002 Erzpriester Vladimir Tyschuk.

Serbisch-orthodoxe Kirche

Zum Orthodoxen Patriarchat von Serbien zählen zwischen 8 und 10 Millionen Gläubige in den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien sowie einer Reihe von westlichen Staaten.

Oberhaupt der Kirche ist Seine Heiligkeit, Patriarch Pavle, der in Belgrad residiert. (Patriarch Pavle war der Oberhaupt der Kirche von 1990 bis zu seinem Tod † am 15. November 2009 in Belgrad. Am 22. Januar 2010 wurde Bischof von Niš Irinej als Nachfolger von Pavle zum Patriarchen der serbisch-orthodoxen Kirche gewählt — Anmerkung des Webmasters.)

Die serbisch-orthodoxe Kirche in Österreich gehört zur Diözese Mitteleuropa unter der Leitung von Bischof Konstantin Djokic mit Sitz in Deutschland. In Wien gibt es eine serbisch-orthodoxe Kirchengemeinde seit 1860, 1893 erfolgte die Einweihung der serbisch-orthodoxen Kirche zum Heiligen Sava im dritten Wiener Gemeindebezirk.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ging die Zahl der serbisch-orthodoxen Gläubigen stark zurück, stieg ab 1960 durch die zahlreichen Gastarbeiter aber wieder stark an. Da dies auch in vielen anderen westlichen Ländern der Fall war, errichtete die serbisch-orthodoxe Kirchenführung 1969 die westeuropäisch-australische Diözese. 1974 wurde in Wien ein Zentrum für die serbisch-orthodoxen Gastarbeiter geschaffen, in dem Pfarr-, Sozial- und Kulturbetreuung angeboten wird. Die serbisch-orthodoxe Kirche in Wien und Umgebung zählt zwischen 80.000 und 100.000 Gläubige. Vorsteher der serbisch-orthodoxen Christen in Österreich ist Bischofsvikar Erzpriester Drago Govedarica.

Rumänisch-orthodoxe Kirche

Zum Orthodoxen Patriarchat von Rumänien gehören etwa 13 Millionen Gläubige in Rumänien. Oberhaupt der Kirche ist Seine Seligkeit Patriarch Teoctist Arapasu mit Sitz in Bukarest.

In Österreich wurde die rumänisch-orthodoxe Kirche 1781 mit dem Toleranzedikt von Kaiser Josef II anerkannt. Die Gründung der Kirchengemeinde erfolgte 1787, heute zählt sie etwa 2.000 Gläubige. In Wien feiern die Gläubigen seit 2003 ihre Gottesdienste in der neuen rumänisch-orthodoxen Kirche. Als Pfarrer wirkt hier seit 1993 Erzpriester Nicolae Dura. Der zuständige Bischof ist Metropolit Seraphim Romul Joanta von Deutschland mit Sitz in Nürnberg. Neben Wien gibt es weitere rumänisch-orthodoxe Gemeinden in Salzburg und Graz.

Bulgarisch-orthodoxe Kirche

Zum Orthodoxen Patriarchat von Bulgarien gehören etwa 5 Millionen Gläubige, die überwiegende Mehrheit davon lebt in Bulgarien. Oberhaupt der Kirche ist der in Sofia residierende Patriarch Maxim.

Die bulgarisch-orthodoxe Gemeinde in Österreich existiert seit 1967. Heute umfasst die Gemeinde rund 10.000 Mitglieder, der Großteil davon lebt in Wien und Umgebung. Die Gemeinde besitzt eine eigene Kirche im 4. Wiener Gemeindebezirk ("Heiliger Iwan Rilski", eingeweiht 1994). Als Pfarrer in Wien fungiert seit 1990 Erzpriester Ivan Petkin. Der für Österreich zuständige Bischof ist Metropolit Simeon von Westeuropa mit Sitz in Budapest.

ORIENTALISCHE KIRCHEN

Armenisch-apostolische Kirche

Der armenisch-apostolischen Kirche gehören weltweit rund 6 Millionen Gläubige an. Sie leben hauptsächlich in Armenien, der Türkei, den Ländern des Nahen Ostens, in Europa und Amerika. Oberhaupt der Kirche ist Patriarch Karekin II. mit Sitz in Etschmiadzin bei Jerewan in Armenien.

In Österreich leben seit dem 17. Jahrhundert Armenier, in der Anfangszeit hauptsächlich Kaufleute im Dienste der Habsburger. Eine eigene armenisch-apostolische Kirchengemeinde wurde während des Ersten Weltkriegs gegründet. 1968 erfolgte die Einweihung der Kirche St. Hripsime im 3. Wiener Gemeindebezirk.

1980 wurde eine neue armenisch-apostolische Diözese für Mitteleuropa mit Sitz in Wien errichtet, der seit 1992 Erzbischof Mesrob Krikorian vorsteht. Derzeit leben in Österreich, hauptsächlich in Wien, etwa 3.000 Armenier, die Kirchengemeinde im engeren Sinn umfasst etwa 1.200 Mitglieder. Erzbischof Krikorian betreut diese Gemeinde bereits seit 1962.

Syrisch-orthodoxe Kirche

Zur syrisch-orthodoxen Kirche bekennen sich etwa eine Million Gläubige in Syrien, der Türkei, im Irak, Libanon, Jordanien, Israel, Indien, Europa und den USA. Oberhaupt der Kirche ist Patriarch Mar Ignatios Zakka I. mit Sitz in Damaskus.

Aus politischen und wirtschaftlichen Gründen sind in den vergangenen 40 Jahren zahlreiche syrisch- orthodoxe Gläubige aus Syrien, der Türkei, dem Irak und Libanon nach Westeuropa ausgewandert. In Österreich leben derzeit etwa 4.000 Gläubige. In Wien gibt es zwei syrisch-orthodoxe Gemeinden, darunter die Kirchengemeinde St. Ephrem im 13. Wiener Gemeindebezirk (ca. 1.700 Mitglieder) sowie die Petrus und Paulus-Gemeinde (gegründet 2002) im 22. Bezirk.

Koptisch-orthodoxe Kirche

Etwa 12 Millionen Gläubige in Ägypten, dem Sudan, im Nahen Osten aber auch in den USA, Kanada und in Australien bekennen sich zur koptisch-orthodoxen Kirche. Das Oberhaupt der Kopten, der koptische Papst und Patriarch des Stuhles des Heiligen Markus, Amba Shenouda III., hat seinen Sitz in Kairo.
Die koptisch-orthodoxe Kirchengemeinde in Österreich wurde 1976 gegründet und umfasst heute etwa 5.000 Mitglieder. Ihr Oberhaupt ist Bischof Gabriel. Von 1998 bis 2002 errichteten die Kopten im 22. Wiener Gemeindebezirk eine eigene Kirche ("Der heiligen Jungfrau von Zeitoun"). Seit 2001 gibt es im niederösterreichischen Obersiebenbrunn ein koptisches Kloster. Dazu wurde ein ehemaliges Schloss des Prinzen Eugen von Savoyen adaptiert. Das Kloster, das dem heiligen Kirchenvater Antonius, dem Begründer des ägyptischen Mönchtums gewidmet ist, steht auch Besuchern zur Einkehr offen. Eine weitere koptische Gemeinde mit einer eigenen Kirche gibt es auch in Graz. Auch in Linz ist derzeit eine eigene koptische Gemeinde im Entstehen.

Indisch-orthodoxe Kirche (malankara-orthodox-syrische & malankara-syrisch-orthodoxe Kirche)

Die indisch-orthodoxe Kirche ist in die Malankara-syrisch-orthodoxe Kirche und die Malankara-orthodox-syrische Kirche gespalten. Erstere ist mit der syrisch-orthodoxen Kirche vereinigt, letztere ist unabhängig (Oberhaupt: Mar Thoma Mathews II., Sitz im südindischen Kerala). Zu den beiden Kirchen gehören etwa 1,5 Millionen Gläubige, hauptsächlich in Indien, Sri Lanka und Malaysia.
Seit 1989 hat die malankara-syrisch-orthodoxe Kirche einen Seelsorger in Wien. Derzeit ist Pfarrer Biji Chirathilattu für die Betreuung der etwa 50 indischen Familien zuständig. Ihre Gottesdienste feiert die Gemeinde in der alten Lainzer Pfarrkirche im 13. Bezirk, die von der Erzdiözese Wien der syrisch-orthodoxen Gemeinde übergeben wurde. Die Anfänge der malankara-orthodox-syrischen Gemeinde in Österreich gehen auf das Jahr 1985 zurück. Seit dem Frühjahr 2004 ist Pfarrer Joykutty Varghese für die Gemeinde zuständig. Diese feiert ihre Gottesdienste in der katholischen Kirche in der Taborstraße im zweiten Bezirk.

Äthiopisch-orthodoxe Kirche

26 Millionen Gläubige - fast ausschließlich in Äthiopien - bekennen sich zur äthiopisch-orthodoxen Kirche. Oberhaupt Abuna Paulos residiert in Addis Abeba. Neben den Diözesen in Äthiopien unterstehen dem Patriarchen auch jeweils eine Diözese im Sudan, in Jerusalem und in den USA.

In Österreich besteht sei 1999 eine äthiopisch-orthodoxe Kirchengemeinde, der Pfarrer Aba Kidanemariam vorsteht. Der für die österreichische Gemeinde zuständige Bischofsvikar ist Merawi Tebege mit Sitz in Köln. Gottesdienste feiern die Äthiopier in der Kapuzinerkirche in Schwechat (Wienerstraße 18).

© 2010 Medienreferat der Österreichischen Bischofskonferenz. Alle Rechte vorbehalten.

(Quelle: http://www.katholisch.at/content/site/unsichtbar/bartholomaios/article/10608.html)

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Monophysitismus

Geschichtliche Entwicklung der traditionellen christlichen Gruppen

Der Monophysitismus (v. griech.: monos „einzig“ und physis „Natur“) ist die christologische Position, Christus sei vollkommen göttlich und habe nur eine Natur, nämlich eine göttliche – im Gegensatz zur Position von Chalcedon (451), die die Zwei-Naturen-Lehre Christi vertritt, nach der die göttliche und die menschliche Natur Christi unvermischt nebeneinander stehen.

Die „Monophysiten“ selbst wenden sich gegen diesen Namen, der in den Quellen ohnehin erst im 7. Jahrhundert erscheint (und zudem meist in verunglimpfender Absicht), und bevorzugen die Bezeichnung Miaphysiten. Die griechische Wurzel mia bedeutet eine komplexe Einheit. Dieses Wort betont eher die Einheit als die Einzahl und reflektiert die Position, dass in Christus das Göttliche und das Menschliche eine Natur bilden, vereint „ohne Vermischung, ohne Trennung, ohne Durcheinander und ohne Wechsel“, wie eine seit der Spätantike übliche theologische Kompromissformel lautet. In der Forschung vermeidet man heute oft die missverständliche und parteiische Bezeichnung „Monophysiten“. Vor allem außerhalb der Spezialliteratur ist diese aber immer noch gebräuchlich.

Geschichte

Der Monophysitismus entstand im spätantiken Ägypten als Reaktion auf den Nestorianismus und vor dem Hintergrund von Rivalitäten zwischen dem Patriarchat von Alexandria und dem von Antiochia. Die alexandrinische Position hatte sich 449 zunächst durchgesetzt, wurde dann aber 451 durch die katholische bzw. orthodoxe Kirche beim Konzil von Chalcedon verurteilt, was ein Schisma zwischen den monophysitischen Nationalkirchen und der oströmischen Reichskirche auslöste. Außer in Ägypten gewann der Monophysitismus auch in Syrien zunehmend an Boden. Papst Leo der Große hingegen stimmte dem Bekenntnis von Chalkedon, das wesentliche Positionen der westlichen Kirche aufgegriffen hatte, zu.

In den 480er Jahren versuchten die oströmischen Kaiser, eine im Henotikon formulierte Kompromisslösung durchzusetzen, die alle Streitpunkte zwischen „orthodoxen“ und „monophysitischen“ Christen ausblendete; doch dieser Versuch scheiterte und führte statt zu einer Einigung mit den Monophysiten nur zu einem 30 Jahre währenden Schisma (siehe Akakianisches Schisma) mit der römischen Kirche (bis 519). Auch das Fünfte Ökumenische Konzil von 553 befasste sich noch einmal mit diesem Problem, ohne eine Einigung erzielen zu können. Gleiches galt für die Förderung der monophysitischen Sonderströmung Aphthartodoketismus durch Kaiser Justinian I.

Im frühen 7. Jahrhundert wurde dann als Versuch einer Kompromisslösung der Monotheletismus entwickelt. Danach besitzt Jesus eine göttliche und eine menschliche Natur. Göttliche und menschliche Natur haben in ihm aber nur einen einzigen, gemeinsamen Willen. Auch dieser Versuch, den Abstand zwischen Monophysitismus und der Position von Chalcedon zu überbrücken, scheiterte. Der Monotheletismus wurde, trotz gewisser Unterstützung durch einige Päpste und die byzantinischen Kaiser, nach dem Einspruch von Maximus dem Bekenner in der Reichskirche zurückgewiesen. Die libanesischen Maroniten waren bis zum 13. Jahrhundert Monotheleten.

Durch das Schisma wurde die Position des oströmischen Reiches im Konflikt mit dem persischen Sassanidenreich und vor allem während der Expansion der Araber (zumindest nach Ansicht der älteren Forschung) geschwächt. Ein Ausgleich zwischen Konstantinopel und den wirtschaftlich und militärisch wichtigen syrischen und ägyptischen Provinzen gelang gerade in dieser wichtigen dogmatischen Frage nicht. Der Grund ist nicht nur in theologischen Gegensätzen, sondern vielleicht auch in Separationsbestrebungen Syriens und des koptischen Ägyptens zu suchen. Innerlich uneins und vom erbitterten Krieg gegen den Sassanidenkönig Chosrau II. geschwächt, verlor Ostrom bzw. Byzanz die östlichen Reichsgebiete und bald auch Ägypten und Nordafrika an den Islam. Die moderne Forschung steht dieser Theorie allerdings mit zunehmender Skepsis gegenüber, da sich in keinem Fall eindeutig belegen lässt, dass die monophysitischen Christen Syriens und Ägyptens wirklich mit den Angreifern konspiriert hätten. Vielmehr mussten viele bedeutende Städte wie Alexandria oder Caesarea von den Arabern lange belagert werden.

Im 20. Jahrhundert näherten sich die monophysitischen Kirchen sowohl untereinander als auch den Östlich-Orthodoxen Kirchen wieder stärker an. Theologen beider Konfessionen sind inzwischen zur Einsicht gelangt, dass durch Sprachunterschiede verursachte verschiedene Ansichten über die Bedeutung des Wortes „Natur“ (physis) wesentlich zu dem Streit beigetragen hatten, und dass in vieler Hinsicht beide Seiten mit verschiedenen Worten jeweils das gleiche ausdrücken wollten. In den grundlegenden Streitfragen herrscht inzwischen weitgehender Konsens.

(Im Prinzip darf man das Wort “Monophysiten” nicht mehr verwenden. Man sagt heute “Altorientalische Kirchen” oder “die Kirchen vor Chalcedon” oder “Prächalcedonische Kirchen” — Anmerkung des Pfarrers Erzpriester Chrysostomos Pijnenburg)

(Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Monophysitismus)

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Orthodox - was bedeutet das?

Ursprünglich bedeutet das Wort "Orthodoxie" soviel wie "Rechtsgläubigkeit". Darin erschöpft sich die Bedeutung jedoch freilich nicht. So bedeutet "doxa" auch soviel wie "Ruhm", "Herrlichkeit", "Ehre" und "Lobpreis" - Bedeutungen, die sich vor allem in der orthodoxen Liturgie, in Gottesdiensten und Hymnen wiederfinden. (“Orthodoxie” bedeutet die rechte Weise der Anbetung oder Verehrung — Anmerkung des Pfarrers Erzpriester Chrysostomos Pijnenburg)

Die Geschichte der Orthodoxie und ihrer zahlreichen Kirchen reicht zurück bis ins 5. Jahrhundert. Im Osten entwickeln sich Konstantinopel, Alexandrien und Antiochien schon in den ersten Jahrhunderten zu kirchlichen Zentren, 451 wird auch Jerusalem zum Patriarchat erhoben. Es kommt im römisch-byzantinischen Reich zu verschiedenen Entwicklungen im Osten und Westen. Im Westen hat Rom Vormachtstellung. Im Osten bestehen weiterhin mehrere Patriarchate nebeneinander.

Durch kirchenpolitische und dogmatische Differenzen kommt es vor allem nach den Konzilien von Ephesus (431) und Chalkedon (451) zu den Trennungen der altorientalischen Nationalkirchen von ihren urspünglichen Patrarchaten. Ein sehr erfolgreicher Dialogprozeß in den Jahren 1985 - 1990 zwischen den orthodoxen Kirchen des Ostens und den alltorientalischen Kirchen hat wichtige Fragen der Christologie, welche die Kirchen seit dem Konzil von Chalkedon trennte, geklärt. Die ausgearbeiteten Dokumente wünschen, daß die Wiederherstellung der vollen kirchlichen Gemeinschaft einstimmig und gleichzeitig und auf beiden Seiten von den Oberhäuptern aller Kirchen vollzogen wird, indem eine entsprechende kirchliche Erklärung, mit dem Inhalt, daß jede Seite der anderen zuerkennt, in jeder Bezeihung orthodox zu sein, unterzeichnet wird.

Gegen Ende des 1. Jahrtausends werden auch die Spannungen zwischen den orthodoxen Patriarchaten der Ostkirche und der Westkirche immer größer (Bilderstreit, Auseinandersetzung im Zusammenhang mit der Christianisierung der Bulgaren). Diese gipfeln im Jahr 1054 in der Trennung von östlicher und westlicher Kirche (großes Schisma). Es gibt weiterhin Verbindungen des Ostens mit Rom, aber die Kreuzzüge führen zu weiteren Auseinandersetzungen, weil orthodoxe Patriarchate in den Kreuzfahrerstaaten durch lateinische ersetzt werden.

Theologie und Glaubenspraxis gehen in der Orthodoxie eine enge Verbindung ein. So geht es in den orthodoxen Kirchen in erster Linie um das Erfahren der Gemeinschaft mit Gott. Der Sinn des menschlichen Lebens liegt in der Vorbereitung auf die Ewigkeit. Das bedeutet aber keineswegs eine Ablehnung und Verneinung der Welt, sondern im orthodoxen Denken verbindet sich der Bezug zum Jenseits mit der Offenheit für die konkreten Probleme des Menschen und der Menschheit.

In der orthodoxen Kirche ist die Muttersprache gleichzeitig Gottesdienstsprache. Die einzelnen orthodoxen Kirchen gebrauchen oft unterschiedliche Bezeichnungen für ihre Ämter, üben ihre Frömmigkeit in verschiedenen Formen aus und haben in Staat und Gesellschaft unterschiedliche Stellungen. Gemeinsam ist allen orthodoxen Ortskirchen die Bedeutung für die Pflege des Nationalbewusstseins und ihr Beitrag zur Unterstützung der Freiheitskämpfe des Volkes in Zeiten, die von Fremdherrschaften geprägt waren. Diese enge Verbindung mit dem Volk (manchmal auch mit dem Staat) drückt sich darin aus, dass viele orthodoxe Kirchen eine nationale Bezeichnung tragen.

Im Zentrum des geistlichen Lebens der Orthodoxie steht die Liturgie; kein Gottesdienst kann ohne Gemeinde gefeiert werden. Die "göttliche Liturgie", der eucharistische Hauptgottesdienst wird am Sonntag vormittag gefeiert - mancherorts auch täglich. Der tägliche Gottesdienst besteht sonst in der Tagzeitenliturgie mit Schriftlesungen, Psalmengebet und dem Singen von Hymnen. In der "göttlichen Liturgie" wird für die Gläubigen nicht sichtbar auf dem Rüsttisch hinter der Bilderwand (Ikonostase) das Abendmahl vorbereitet. Während dieses ersten Teiles der Liturgie hören die Mitfeiernden das Stundengebet. Die Verkündigung aus der Heiligen Schrift mit dem sogenannten Kleinen Einzug mit dem Evangelienbuch, der das Kommen des Wortes Gottes symbolisiert, ist der nächste Teil des Gottesdienstes. Dazwischen werden immer wieder Bittgebete gesprochen. Beim Großen Einzug werden die Abendmahlsgaben vom Rüsttisch zum Altar gebracht. Nach der Wandlung empfangen die Gläubigen, die sich durch eine Beichte intensiv darauf vorbereitet haben, die Heiligen Kommunion, wobei in Wein getränktes gesäuertes Brot mit einem Löffel gereicht wird. Oft bekommen alle Mitfeiernden am Schluß der Liturgie gesegnetes (nicht geweihtes) Brot.

In der orthodoxen Kirche kennt man sieben Sakramente. Eine große Bedeutung haben in den Kirchen aufgestellte Ikonen, die durch das Entzünden von Kerzen, Verneigungen und Bekreuzigen vom Volk verehrt werden. Im Volk verbreitet ist auch der Brauch, zum jährlichen Gedenken von Verstorbenen, Speisen in die Kirche mitzubringen und durch das Essen die Gemeinschaft besonders zum Ausdruck zu bringen.

Die Priester der orthodoxen Kirche sind nicht zu einer zölibateren Lebensweise verpflichtet. Sie dürfen heiraten, aber auch in den Mönchsstand treten. Die Eheschließung muß jedoch vor der Weihe zum Diakon erfolgen, eine Wiederverheiratung ist für Priester auch im Fall des Todes ihrer Frau nicht möglich. Zu Bischöfen können nur Mönche geweiht werden.

Entsprechend der alten Kirche sind die orthodoxen Kirchen synodal strukturiert. Oberste Instanz der Einzelkirche ist das Landeskonzil, in dem auch Laien vertreten sind. Den Vorsitz hat das jeweilige Oberhaupt, der Patriarch, als "erster unter Gleichen".

Im Blick auf die Theologie und das Glaubenszeugnis gibt es nur eine Orthodoxe Kirche. Bezüglich der Verwaltung gibt es mehrere. So findet man in der Orthodoxen Kirche autokephale und autonome Kirchen. Autokephale (Kirchen "mit eigenem Haupt") Kirchen sind die in einer Kirche existierenden Teilkirchen, sie regeln innere Probleme selbst und setzen ihr Oberhaupt eigenständig ein. Autonome Kirchen ("mit eigenem Brauch") melden die Wahl ihres Patriarchen an ihr autokephales Mutterpatriarchat, wo diese bestätigt wird. Die inneren Angelegenheiten werden auch hier weitgehend selbst geregelt. Die orthodoxen Kirchen des Ostens verstehen sich also als eine Kirche und Gemeinschaft im Glauben, in der gottesdienstlichen Praxis und im Sakraments- und Amtsverständnis.

© 2010 Medienreferat der Österreichischen Bischofskonferenz. Alle Rechte vorbehalten.

(Quelle: http://www.katholisch.at/content/site/unsichtbar/bartholomaios/article/10694.html)

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Die Pforte zum Paradies

Der orthodoxe Weg – ein kurzer Überblick

Jesus Christus und die frühe Kirche

Ich bin die Tür, sagt Christus, wer durch Mich eintritt, wird gerettet werden (Jh 10,9). Christus ist die Pforte zum Reich des Himmels, die wir auch schon in diesem Leben in uns finden können und die fortbesteht in Ewigkeit. Doch wie finden wir diese Pforte zwischen den Tausenden von verschiedenen Sekten und Philosophien? Jede von ihnen präsentiert von Christus ein anderes, unterschiedliches Bild. Wenn wir in die Geschichte der Kirche, die Er gegründet hat, schauen, finden wir eine einzige ungebrochene Linie, in der Sein Bild rein und unverzerrt bewahrt wurde. Diese Linie ist die Orthodoxie der frühen Zeit, der Maßstab des wahren Christentums.
Kommt zur Pforte! Findet sie auf dem uralten, historischen Pfad...

An einem bestimmten Punkt der Geschichte, an dem die Menschheit durch ihr Abfallen von Gott weit vom Paradies entfernt und durch ihre Gottesferne in Verzweiflung und Not war, nahm Gott, Der den Menschen geschaffen hatte, Fleisch an und wurde Mensch. Dies war Jesus Christus, Der Eine, Den die Propheten vorausgesagt hatten, Der Eine, Den die ganze Welt erwartete. Bis dahin waren alle Religionen nur bruchstückhafte Versuche, Gott zu verstehen. In Christus wurde Gott Selbst Mensch – zum ersten und einzigen Mal in der Geschichte. Eines der vielen Dinge, die Christus offenbarte, als Er in der Welt war, ist die Möglichkeit einer persönlichen Beziehung mit Gott für jene, die an Ihn glauben. Er führte jene Gläubigen zusammen und versprach ihnen, daß niemals irgend etwas Seine Kirche überwältigen würde (Mt 16,18). Diese Kirche wurde auf den Leiden Christi gegründet, dann auf den Leiden Seiner Apostel und schließlich auf den Leiden der Märtyrer im Lauf der Jahrhunderte. So begann das Christentum.

Nach Christi Kreuzigung, Auferstehung und nach Seiner Himmelfahrt, versammelten sich Seine Apostel zusammen mit Tausenden anderer Menschen aus fast der ganzen bekannten Welt zum Pfingstfest. Da kam – genau wie die Heilige Schrift vorausgesagt und Christus versprochen hatte – plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und die Apostel wurden erfüllt vom Heiligen Geist (Apg 2,2-4). Sie begannen all jenen, die auf dem Fest anwesend waren, in ihren jeweiligen Muttersprachen den Weg, die Wahrheit und das Leben zu verkünden. Jene, die diese Offenbarung empfingen und Jesus Christus folgten, begannen unter der Bezeichnung „Christen“ bekannt zu werden.

Von jenem Tag an wurde das Christentum mit Kraft ausgestattet, und es begann sich bis zu den Enden der Erde auszubreiten. Von Jerusalem aus reisten die Jünger Christi durch die ganze bekannte Welt: die Apostel Petrus und Paulus gingen nach Griechenland und Rom, Andreas nach Rußland, Markus nach Ägypten, Simon nach England und Afrika. Thomas ging nach Indien und Matthäus nach Äthiopien. Obwohl sie sich in verschiedenen Teilen der Welt befanden, waren sie ein Herz und eine Seele (Apg 4,32) und lehrten e i n e n  Herrn, e i n e n Glauben, e i n e Taufe (Eph 4,5). Überall, wohin sie kamen, ernannten sie Bischöfe, Priester und Diakone und weihten sie durch Handauflegung dazu, Hirten der Herde Christi zu sein. In kurzer Zeit führten die Apostel eine große Zahl an Heiden zu Christus – einfache Menschen ebenso wie Philosophen, Bettler wie Könige. Obwohl die Apostel für ihren Glauben verfolgt wurden, gemartert und sogar getötet, konnte nichts verhindern, daß der Glaube sich wie ein Lauffeuer bis zu den Enden der Erde ausbreitete. Fast alle Apostel erlitten den Märtyrertod, und viele ihrer Reliquien sind in den orthodoxen Kirchen bis zum heutigen Tag erhalten geblieben.

Während jener schwierigen, vom Martyrium geprägten Zeit wurde die frühe Kirche geformt und gefestigt. Es fanden von Anfang an Gottesdienste statt, es entstanden die bildenden Künste und die Musik der Kirche. Sie entsprangen auf natürliche Weise aus dem Alten Bund und flossen ein in den Neuen. Die Form des Gottesdienstes wurde zur Zeit des Moses vorgebildet, wie sie ihm von Gott offenbart wurde. Die bildenden Künste hatten ihren Ursprung in den Mosaikabbildungen im Tempel, die Szenen aus dem Alten Bund darstellten, und in den vorchristlichen Künsten.

Diese Tradition der sakralen Kunst wurde vom Apostel Lukas fortgeführt, der die ersten ikonographischen Darstellungen der Jungfrau Maria, das Christuskind haltend, ausführte. Die Musik (Gesang) ging zurück auf die Psalmen Davids. Sogar die Liturgie (der eucharistische Gottesdienst mit der Hl. Kommunion im Zentrum) hat ihren Ursprung im Alten Bund, wobei Christi Leib und Blut das neutestamentarische Opfer ist (Jh 6,48-58), Der erste Kommunionsgottesdienst wurde vom Apostel Jakobus, dem Bruder des Herrn, zusammengestellt und gründete sich auf dessen Erleben des Heiligen Abendmahls. Auch heute noch ist er in der Orthodoxen Kirche in Gebrauch.

Die Katakomben

Die ersten Christen wurden von der Welt abgelehnt und mit Folter und Tod verfolgt. So erfüllte sich Christi Prophezeiung: Wenn die Welt euch haßt, dann wißt, daß sie Mich schon vor euch gehaßt hat. Wenn ihr von der Welt stammen würdet, würde die Welt euch als ihr Eigentum lieben. Aber weil ihr nicht von der Welt stammt, sondern weil Ich euch aus der Welt erwählt habe, darum haßt euch die Welt (Jh 15,18). Um der Verfolgung zu entgehen, flohen die Christen in die Katakomben – unterirdische Höhlengänge, in denen sie ihre Toten bestatteten – und hielten dort ihre geheimen Gottesdienste ab, im verborgenen, völlig von der Welt abgeschnitten. Sie lebten in ständiger Erwartung des Martyriums, und so waren sie stets wachsam und bereiteten sich auf die andere Welt vor. Irdischer Reichtum, Komfort und Ruhm hatten keine Bedeutung für sie, denn das Leiden entledigte sie solcher Dinge. Die Ausbreitung des christlichen Glaubens unter den Heiden rief Verfolgungen gegen die frühen Christen hervor, denn sie lehnten es ab, irgendeinen anderen Gott als den Einen Lebendigen Gott anzubeten. Viele Tausende von Männern und Frauen nahmen mutig die grausamsten Formen an Foltern, die man sich vorstellen kann, auf sich. Sie wurden für ihren Glauben enthauptet, verbrannt, ertränkt, zerschnitten und gekreuzigt; die zahllosen Aufzeichnungen und Berichte über die Märtyrer bezeugen ihre unauslöschliche Liebe zu Gott. Eusebius, der Historiker zu Beginn des 4. Jahrhunderts, schrieb: „Ich selbst war ein Augenzeuge davon. Die eisernen Werkzeuge wurden schartig und zerbrachen, und die Folterknechte selbst ermüdeten und mußten sich abwechseln, um sich zu erholen.“

Der Ruf zu einem gewaltsamen Tod war ständig greifbare Realität für jene, die an Gott und Seinen Christus glaubten. Das Martyrium war fortwährend der letztendliche Akt der Weltentsagung und die höchste Form des Glaubensbekenntnisses. Während es in den Augen der Welt die höchste Entehrung darstellte, war es in den Augen der Gläubigen die größte Ehre. Für die frühen Christen konnte der Leib, der ein Tempel Gottes ist, auch ein Opfer für Gott werden, wenn man bis zum Tod beharrlich blieb um der Wahrheit willen. Nur Gott und Sein Geist, tief in den Märtyrern einwohnend, ermöglichte es ihnen, im Tod, der für sie das Wahre Leben war, zu siegen.

Vom Standpunkt der Welt aus schien es, als würde der christliche Glaube zusammen mit den Märtyrern sterben, doch dies war nicht der Fall. Viele Heiden, die den Glauben und das Bekenntnis der Märtyrer und die Wunder, die diese vollbrachten, sahen, wurden selbst von der Wahrheit des christlichen Glaubens überzeugt und wurden Christen. Je mehr die Christen verfolgt wurden, desto mehr wuchs der christliche Glaube.

Der früheste Bericht über das Martyrium ist jener des hl. Stephan, der ein Diakon der Kirche war (Apg 6,5). Er wurde zu Tode gesteinigt, weil er im jüdischen Tempel verkündete, daß Jesus Christus der Messias war. Kurz vor seinem Tod schaute er zum Himmel hinauf und sah die Herrlichkeit Gottes und Jesus zur Rechten Gottes stehen (Apg 7,55).

Ein anderer Märtyrerbericht aus der Katakombenzeit des Christentums ist die Vita der hl. Katharina († 305). Sie war die Tochter eines ägyptischen Herrschers. Von Kindheit an genoß sie eine gute Ausbildung. Sie liebte die Weisheit dieser Welt, bis sie Christus begegnete, Der die wahre Weisheit ist. Da wurde sie Christin und lehrte furchtlos andere den Einen wahren Gott, Der leibgeworden war, um die Welt zu retten.

Dafür wurde sie unter strenger Bewachung eingekerkert und gefoltert. Als die Arena voll mit Schaulustigen war, wurde sie den weisesten Männern jener Zeit vorgeführt, damit diese sie im christlichen Glauben herausforderten. Ihre Antworten machten jeden sprachlos, und viele glaubten ihren Worten und wurden ihrerseits Christen. Dies erzürnte den König in einem solchen Maß, daß er jeden lebendig verbrennen ließ, der als Christ aufgefunden wurde. Nach weiterer Kerkerhaft wurde die hl. Katharina zum Platz geführt, wo sie hingerichtet werden sollte. Dort betete sie: „Streck Deine Hand aus, die ans Kreuz genagelt wurde um meinetwillen und empfange meine Seele.“ Nach vielen weiteren Torturen wurde sie schließlich enthauptet.
Die Zahl der Märtyrer, die in jenen ersten Jahrhunderten der Kirche starben, ist endlos und beweist die Kraft, die im christlichen Glauben vorhanden ist. Viele Augenzeugenberichte über Leben und Tod dieser Märtyrer existieren bis heute dank der Gläubigen, die mutig ihr Gedächtnis in den Katakomben bewahrten.

Das Byzantinische Reich

Plötzlich, inmitten all der Leiden der frühen Kirche, hörte die Verfolgung auf. Im Jahr 312 wurde Konstantin der Große, der Kaiser des Römischen Imperiums, vom Zeichen des christlichen Glaubens besiegt. Kurz vor einem entscheidenden Kampf sahen er und seine Soldaten ein leuchtenden Kreuz am Himmel, das die Inschrift trug: „In diesem Zeichen wirst du siegen.“ In der folgenden Nacht erschien ihm Christus mit dem Kreuz in Seiner Hand und sagte ihm, daß er durch dieses Zeichen seinen Feind besiegen würde und gab die Anweisung, daß die Schilde aller Soldaten das Kreuzeszeichen tragen sollten. Der Kaiser erfüllte das Gebot Gottes und siegte. Da er die Kraft des Kreuzes sah, ließ er vom Heidentum ab und nahm den christlichen Glauben an. Er stellte sein ganzes Reich unter den Schutz Christi und Seines Kreuzes. Konstantin legalisierte das Christentum und verlegte seinen Reichssitz von Rom nach Konstantinopel (Byzanz), um so einen neuen Anfang zu setzen. Er nannte diese Stadt das zweite Rom. So entstand das Byzantinische Reich – die erste christliche Gesellschaft, geleitet von christlichen Prinzipien.

Nun, da die Kirche frei war und die Katakomben verließ, wurden überall Kirchen oberirdisch errichtet. Einige der ersten Kirchen, die man erbaute, wurden über den heiligen Stätten errichtet, an denen Christus gelebt hatte. Später im sechsten Jahrhundert wurde ein Kloster am Berg Sinai an der Stätte des Brennenden Dornbuschs (Ex 3,2) erbaut, nicht weit entfernt von jener Stelle, an der Moses die Zehn Gebote empfangen hatte. Die meisten dieser Kirchen sind bis auf den heutigen Tag als orthodoxe Kirchen und Klöster bewahrt geblieben.

Mit den sichtbaren Kirchen begann das Christentum zu blühen. Es begann die Verfeinerung der christlichen sakralen Kunst der Ikonographie, die Kirchenmusik (Gesang) gedieh und die Menge der christlichen Literatur begann zu wachsen. Kurz, die Kirche wurde das Zentrum eines jeden Aspekts des Lebens. Diese Periode der Freiheit und der Erholung für die Kirche wurde zu jener Zeit, in der die Glaubensgrundlagen des christlichen Glaubens artikuliert und die Bücher ausgewählt wurden, die den Standard der Heiligen Schrift bildeten.

Kaiser Konstantin berief ein Bischofskonzil ein, das sich von den vier Enden der Erde aus versammelte. Dieses Konzil war das erste von sieben Ökumenischen Konzilen in der Geschichte der Kirche und wurde nach dem Vorbild des Apostelkonzils (Apg 15) gestaltet. Das Konzil von Konstantinopel formulierte das Bekenntnis des christlichen Glaubens (das Credo), damit es e i n Bekenntnis des Glaubens und nicht verschiedene Interpretationen gäbe. Vor diesem Konzil gab es keinen universell akzeptierten Kanon der Schriften des Neuen Testaments und somit keine Bibel. Es gab einfach die Berichte über das Leben Christi, verfaßt von den Aposteln Matthäus, Markus, Lukas und Johannes, und viele Epistel (Briefe) von Paulus, Petrus und anderen Aposteln. Es gab auch Briefe und Schriften von Apostelschülern wie den hll. Ignatius, Clemens, Dionysius und anderen. Eine der Personen, die auf diesem Konzil hervortraten, war der hl. Athanasios von Alexandria. Er war derjenige, der für den Kanon der Heiligen Schrift verantwortlich war, der das Neue Testament bildete, wie wir es heutzutage besitzen. Mit der Gründung des ersten christlichen Imperiums – des Byzantinischen Reichs – erschienen die Bibel, das Glaubensbekenntnis und ein ganzer christlicher Erfahrungsbereich, der das Angesicht der Welt auf ewig veränderte.

Das monastische Ideal

Doch jene Zeit der Freiheit ließ ein zentrales Problem entstehen. Ohne die Leiden der Verfolgung und des Martyriums als Mittel zur christlichen Vollkommenheit begannen sich viele Christen dieser Welt anzupassen. In ihrer Freiheit und in ihrem Reichtum begannen sie zu vergessen, daß es im christlichen Leben darum geht, die Seele aus dieser Welt heraus in das ewige Reich zu führen. In diesem Leben ist es ein Pfad des Leidens, doch er führt zum Frieden im kommenden Leben. Folglich flohen Männer und Frauen, die spirituelle Vollkommenheit statt der Freuden dieser Welt suchten, in die Wüsten und Wildnisse von Palästina und Ägypten. Wie die Mauern der Katakomben isolierten sie die ausgedehnten Flächen der Wüsten vor dem Einfluß der Welt und boten ihnen die Möglichkeit für ein stärker auf Gott zentriertes Leben. Durch ein Leben des Gebets, des Fastens, der Selbstverleugnung, der Keuschheit und Wachsamkeit wurden diese Asketen zu lebenslangen Märtyrern. Sie wurden bekannt als Mönche und Nonnen.

Obwohl sich das Mönchtum im vierten Jahrhundert entwickelte, liegt sein Ursprung in der Zeit des Alten Bundes, als Gott Moses das Nasiräergelübde offenbarte – ein zölibatäres Gelübde, in dem man sein Leben Gott weihte (Num 6,2). Von Elias bis zu Johannes dem Täufer gab es unter den Propheten viele Beispiele des Nasiräergelübdes. Später wurde es vervollkommnet im Leben Christi. Nachdem der Apostel Markus, der die Kirche von Ägypten gründete, Zeuge des Vorbildes Christi geworden war, begann er die erste asketische Gemeinschaft, die diese Lebensweise fortsetzte. Diese Gemeinschaften hatten als ihr Vorbild die Propheten des Alten Bundes und verhielten sich nach den Prinzipien, die in Apg 4,32 dargestellt werden. Die Bewohner dieser ersten Klöster (gr. moní) nannte man Mönche (gr. monachós), abgeleitet vom griechischen mónos: allein – jemand, der es sich erwählt, allein mit Gott zu sein. Aus diesen Gemeinschaften gingen im vierten Jahrhundert die großen Mönchs-heiligen Ägyptens hervor.

Eine der frühesten Berichte über einen Mönch ist das Leben des hl. Antonios des Großen († 356). Als er noch jung war, starben seine reichen Eltern plötzlich und hinterließen ihm ihren ganzen Besitz. Traurig über ihren Tod ging er eines Tages in die Kirche und hörte die Worte, die der Priester aus der Heiligen Schrift las: Wenn du vollkommen sein willst, geh, verkauf deinen Besitz und gib das Geld den Armen, so wirst du einen bleibenden Schatz im Himmel haben (Mt 19,21). Als Antonios dies hörte, begann sein Herz für Christus zu brennen. Daraufhin ging er nach Hause, gab sein ganzes Erbe den Armen und begab sich in die ägyptische Wüste, um mit Gott allein zu sein. Er lebte dort, bis er mehr als hundert Jahre alt war – im Gebet, Fasten und in der Lektüre der Heiligen Schrift. Tausende anderer, die von seiner Lebensweise vernahmen, folgten seinem Beispiel, und das Mönchtum begann sich überallhin auszudehnen. Nachdem Antonios gestorben war, schrieb der hl. Athanasios der Große, der ihm nahestand, sein Leben zur Erbauung anderer auf. Dies war derselbe Athanasios, der für die Zusammenstellung der Heiligen Schrift verantwortlich war, die als die Bibel, die wir heute haben, bekannt ist. Durch Athanasios wurde dieses Heiligenleben in der ganzen Welt bekannt und veränderte durch diese Schilderung jenes einfachen Mönches, der in einer Höhle lebte, des hl. Antonios, das Antlitz der Geschichte.

Diese Lebensweise, die man Mönchtum nannte, verbreitete sich schnell in der ganzen Welt und bewahrte denselben authentischen Geist der frühen Kirche. Ganze Städte und Gesellschaften hatten ihren Ursprung in der schlichten Armut dieser Mönche. Zuerst ließ sich ein Mönch an irgendeinem unbewohnten Ort nieder, dann siedelten andere in der Nähe, und mit der Zeit wuchsen Dörfer und Ortschaften. Auf diese Weise verbreitete sich das Mönchtum in Ägypten, Äthiopien, Griechenland, Italien, Irland, Frankreich, Rumänien, Serbien, Rußland und bis zu den Enden der Erde.

Die große Spaltung

Zu Beginn der christlichen Kirche ernannten die Apostel Nachfolger, um die Kirche zu leiten und zu behüten. Diese Leiter wurden Priester, Bischöfe und Patriarchen genannt. Priester wurden ernannt als Hirten einzelner Kirchen, Bischöfe wurden ernannt als Hirten über bestimmte geographische Regionen, die oft Hunderte von Kirchen umfaßten, und Patriarchen hatten die geistliche Leitung über die Bischöfe und Priester der Kirche inne. Diese Form der Hierarchie wurde aus der alttestamentarischen Zeit Moses’ übernommen (Ex 18,13-21).

Obwohl in der ganzen christlichen Welt Hunderte von Bischöfen wirkten, gab es nur fünf Patriarchen – je einer in den fünf wichtigen Städten im Imperium: Jerusalem, Alexandria, Antiochia, Konstantinopel und Rom. Alle berieten miteinander, wobei sie als ihr Haupt Christus hatten, und es gab nicht eine einzelne Person, die die Kirche regierte. Alle bedeutenden Entscheidungen wurden nur im Konzil beschlossen, nicht ein einzelner Patriarch oder Bischof hatte die absolute Superiorität über die anderen, sondern alle arbeiteten in Gleichheit zusammen. Durch diese Hierarchie gelang es der Kirche über Jahrhunderte hinweg, die Einheit zu bewahren.

Im neunten Jahrhundert jedoch begannen Osten und Westen auseinanderzudriften. Der Patriarch von Rom (Papst) begann neue und fremde Ideen in den Glauben einzuführen. Eine dieser Ideen war das Primat des römischen Papstes über den Rest der christlichen Kirche. Die anderen vier Patriarchen der Kirche im Osten versuchten ohne Erfolg, den Papst von Rom davon abzubringen, diese neue Idee einzuführen, da sie wußten, daß die Einführung eines einzelnen obersten Kirchenführers über die ganze Kirche diese spalten und verderben würde.

Eine weitere neue Idee, die der Papst von Rom einzuführen begann, war die Veränderung des seit Jahrhunderten bestehenden christlichen Glaubensbekenntnisses, das durch die frühe Kirche festgelegt worden war. Das Glaubensbekenntnis (Credo) ist die Summe des christlichen Glaubens, deren Grundlagen seit der Zeit der Apostel, basierend auf der Heiligen Schrift, feststanden. Die Kirche im Osten warnte die westliche Kirche vor den Gefahren, wenn man irgendeinen Teil des Glaubens verändert und besonders das Glaubensbekenntnis selbst. Doch die Veränderung war schon voll im Gang, und die Bischöfe im Westen hatten bereits begonnen, diese neuen Ideen aufzunehmen, obwohl die Gläubigen Widerstand leisteten.

In diesen schwierigen Zeiten der Spaltung fanden viele Dialoge zwischen der Kirche des Ostens und der Kirche des Westens im Versuch statt, ihre Unterschiede aufzuarbeiten. Da die Orthodoxe Kirche keine Kompromisse einging und nicht gestattete, daß irgendwelche Veränderungen im Glauben vorgenommen wurden, trennte sich im Jahr 1054 die Römische Kirche offiziell vom Rest der Kirche.

Die Spaltung basierte auf Fragen der Macht und der Theologie, und im Hintergrund dieser Fragen stand der folgende trennende Faktor: Im Osten sah man die Kirche immer als etwas Jenseitiges, das die Gläubigen zum Himmel hin ausrichtet, während im Westen die Kirche diesseitig-innerweltlich zu werden begann, das die Gläubigen auf eine irdische Organisation hin orientiert statt auf den geistigen Organismus des Leibes Christi. So begann die „Organisation Religion“.

Obwohl der Rest der Christenheit versuchte, Rom zurückzurufen zum orthodoxen Verständnis des Christentums, hatte Rom bereits seine Entscheidung getroffen, einen anderen Weg einzuschlagen und nicht zurückzukehren. Dies war die erste Spaltung (Gruppierung) im westlichen Christentum, die erste von Tausenden, wie sich später herausstellte.

Im Lauf der Jahre nach dem verheerenden Schisma, erfuhr der Westen ungeheuren Aufruhr und Verfall. Die Kreuzzüge begannen, die sich zu einem Angriff auf die Kirche des Ostens entwickelten. Dann kam die Inquisition, dann die Renaissance, die heidnische Ideen zurückbrachte und mit dem Christentum vermischte, und schließlich die protestantische Reformation. Der Westen erfuhr das „Finstere Zeitalter“ oder „Mittelalter“, das den allmählichen Übergang zwischen der alten christlichen Weltsicht und der modernen gottlosen kennzeichnete. Der Osten erlebte ein solches Mittelalter nicht, denn die Orthodoxe Kirche bewahrte das Christentum der Apostel und der frühen Kirche.

Die Orthodoxie erlitt weiterhin Martyrium und Verfolgung durch die Welt – diesmal durch das moslemische Joch. Wie es war unter der Verfolgung durch die heidnischen Römer, so bewahrte das Leiden aus der Hand der Moslems die Kirche auch jetzt rein, idem es keine lauwarme Haltung gegenüber dem Glauben erlaubte.

Das dritte Rom

Ungefähr in der Zeit, in der die Römische Kirche abfiel, wurde die Orthodoxe Kirche durch die Bekehrung einer ganzen Nation vergrößert. Dies war die slavische Nation von Rußland. Die Schritte hin zu dieser Bekehrung begannen zuerst im Jahr 863, als zwei missionarische Mönche aus dem Byzantinischen Reich, die hll. Kyrill und Method, den Fuß in die slavischen Länder von Bulgarien und Serbien setzten. Durch ihre Mühen erreichte das Christentum schließlich Rußland. Obwohl sie aus dem entfernten Konstantinopel stammten, waren sie mit den slavischen Völkern und ihrer Sprache von Kindheit an vertraut. Da die slavischen Völker keine geschrie-bene Sprache hatten, entwickelte der hl. Kyrill das slavische Alphabet aus dem Griechischen, um die Heilige Schrift zu übersetzten.

Obwohl die hll. Kyrill und Method das Evangelium den slavischen Nationen brachten, fand die vollständige Umkehr des russischen Volkes erst einhundert Jahre später statt. Rußland war fast völlig heidnisch zu jener Zeit, obgleich es kleine Nischen des Christentums dank der Bemühungen des Apostels Andreas gab. Der Apostel Andreas hatte in Rußland das Evangelium verkündet und Kreuze in Kiev und auf der Insel Valaam im Ladoga-See im Norden aufgestellt. Fast tausend Jahre nach dem hl. Andreas entschied Fürst Vladimir, daß eine offizielle Religion notwendig sei für sein Land. Auf der Suche nach dem wahren Glauben erforschte er alle großen Religionen der Welt und schickte Gesandte, die deren Kirchen und Tempel besuchen sollten. Nachdem sie verschiedene Religionen erkundet hatten, kehrte die Gesandtschaft zum Fürsten zurück und sagte: „Als wir zu den Griechen kamen und diese uns in das Gebäude führten, wo sie ihren Gott anbeten, wußten wir nicht, ob wir im Himmel oder auf Erden waren. Denn auf der Erde gibt es nicht solche Pracht oder Schönheit, und wir vermöchten sie nicht zu beschreiben. Wir wissen nur, daß Gott dort unter den Menschen wohnt und ihr Gottesdienst die Gottesdienste aller anderen Nationen übertrifft.“ Der Fürst nahm den orthodoxen christlichen Glauben an, wurde getauft und befahl, alle Götzenbilder im Land zu zerstören.

Es dauerte nicht lange, da wurde das ganze russische Land zu einer Bastion des Christentums, erfüllt mit vielen Heiligen. Bald bedeckten Kirchen das Land, Klöster erfüllten die Weiten der Wildnis, und goldene Kuppeln waren zu sehen, die über jeder Stadt und jedem Ort prangten.

Dann geschah im Jahr 1453 eine große Tragödie. Der Sitz des Byzantinischen Reiches in Konstantinopel wurde von den moslemischen Türken eingenommen, die seit Jahrhunderten gegen die christlichen Nationen Krieg führten. Der Fall von Byzanz führte zum Aufstieg des Neuen Byzanz – des Heiligen Rußland. Es scheint, als wäre Rußland zur Bewahrung des orthodoxen Glaubens berufen worden. Das erste Rom hatte sich von der Orthodoxie abgewandt und das zweite war gefallen. So wurde Moskau das dritte Rom.

Genauso wie in Byzanz war jeder Aspekt des Lebens in Rußland um die Kirche und das christliche spirituelle Leben herum angeordnet, dennoch entstand auch hier die Notwendigkeit zu einem viel tieferen, auf Gott zentrierten Leben, das nur die Wüste zu bieten vermag. In Rußland wurde die rauhe Wildnis zur Wüste, die Einsamkeit und Strenge für das auf Gott zentrierte Leben, genannt Mönchtum, bot. Der Gründervater des russischen Mönchtums war der hl. Antonij von Kiev († 1073). Nachdem er auf dem Berg Athos in Griechenland Mönch geworden war, kehrte er in sein Heimatland zurück und ließ sich in einer Höhle in Kiev nieder. Nach kurzer Zeit entstand in der Umgebung dieser Höhle ein ganzes Kloster. Bald verbreitete sich das monastische Ideal in ganz Rußland, sogar in der tiefsten Wildnis.

Während der tausend Jahre des Christentums in Rußland gab es stets Heilige, die den Geist der frühen christlichen Kirche fortsetzten. Zum Beispiel gab es dort den hl. Seraphim von Sarov († 1833), ein Mönch, der von Kindheit an ein sehr reines Leben führte. Er hatte die Gnadengaben der Heilung und des unablässigen Gebets und war umgeben von einem wunderbaren, unirdischen Licht. Dies war dasselbe göttliche Licht, mit dem lange Zeit zuvor Christus Seine Apostel erleuchtet hatte und das die Apostel bis an die Enden der Welt trugen.

Die Enden der Welt

Als sich Rußland auf großer geistiger Höhe befand, wurde eine Gruppe von orthodoxen Missionaren nach Osten über Sibirien in die Neue Welt gesandt, um dort den Schatz des orthodoxen christlichen Glaubens zu verbreiten. Im Jahr 1794 wurde eine Gruppe von zehn Mönchen aus dem Kloster Valaam auf jener Insel, wo der Apostel Andreas Jahrhunderte zuvor den christlichen Glauben verkündet hatte, zusammengestellt. Im Geist des Apostels fuhren diese russischen Mönche nach Alaska, und durch Liebe und Selbstaufopferung brachten sie Tausende von Eingeborenen zum christlichen Glauben. Einer dieser missionarischen Mönche erlitt das Martyrium, während ein anderer in der Neuen Welt das Mönchsleben im Geist des hl. Antonios des Großen und des hl. Antonij von Kiev begann. Dies war der hl. Herman († 1836), der der erste Heilige im Land Amerika wurde. So wurde durch Rußland das Christentum der Apostel, der Katakomben und des Byzantinischen Reichs in die amerikanische Erde eingepflanzt.

Nach dem Tod des hl. Herman wurde das Erbe des orthodoxen Christentums in der Neuen Welt vom hl. Innokentij († 1879) weiter-getragen. Er war ein einfacher Priester aus Sibirien, der eine unstillbare Sehnsucht danach hatte, sein ganzes Leben dem Dienst Gottes zu widmen. Diese Sehnsucht erfüllte sich, als er in die Wildnis von Alaska fuhr. Dort reiste er durch dieses Grenzland der Erde wie die Apostel lang zuvor durch andere Länder, lebte in Bedrängnis und Schwierigkeiten, litt unter extremer Armut und hatte mit den rauhen Naturelementen zu kämpfen – einzig mit dem Ziel, den Himmel für so viele Seelen wir möglich zugänglich zu machen. Der hl. Innokentij hatte eine Schriftsprache für die Eingeborenen von Alaska zu entwickeln, wie die hll. Kyrill und Method dies lange Zeit zuvor für die slavischen Völker getan hatten, so daß diese neuen Christen das Wort Gottes in ihrer eigenen Sprache vernehmen konnten.

Der hl. Innokentij war später Bischof von Alaska und opferte sich weiterhin für seine Herde auf. Im hohen Alter kehrte er in seine Heimat zurück, wo er zum Oberhaupt der Russischen Kirche (einem Patriarchen gleichrangig) gewählt wurde. Als er Oberhaupt der ganzen Russischen Kirche war, begann er, missionarische Gesellschaften zu gründen mit dem Ziel, das Evangelium bis an die Enden der Welt zu verbreiten. Nachdem er sein ganzes Leben im Dienst Gottes verbracht hatte, starb der hl. Innokentij in seinem Heimatland und fand seine Ruhe mit den Heiligen im Himmel.

Weniger als zwanzig Jahre später wurde ein großes Licht des zwanzigsten Jahrhunderts im Heimatland des hl. Innokentij geboren, der eines Tages das apostolische Werk in Amerika fortsetzen sollte. Dies war der hl. Ioann Maksimovič. Von Kindheit an liebte er Christus und Seine Kirche mehr als alles andere in der Welt. Diese Liebe wurde erprobt, als seine russische Heimat kommunistisch/atheistisch wurde und eine der blutigsten Verfolgungen in der Geschichte des Christentums begann. Die Kirche mußte noch einmal in die Katakomben gehen, um zu überleben. In diesen schwierigen Zeiten bewahrte Gott das Leben des hl. Ioann, und er entkam in das orthodoxe Land Serbien, wo er später Mönch wurde. Bald darauf wurde er zum Bischof geweiht.

Als Bischof und Nachfolger der Apostel ging er nach China, wo er orthodoxe Kirchen gründete. Er organisierte ein Waisenheim und sorgte für vernachlässigte Kinder. Er ging sogar in die Slums, fand kleine Kinder in Mülltonnen und nahm sie mit nach Hause. Später wurde er gebeten, Bischof von San Francisco in den Vereinigten Staaten zu werden, wo er sein Lebenswerk fortsetzte und das Evangelium verbreitete.

Obwohl er in der Stadt lebte, entsprach seine Lebensweise der eines Wüstenmönchs aus alter Zeit. Er betete ohne Unterlaß, aß nur einmal am Tag sehr wenig, schlief nur drei Stunden in der Nacht und opferte sich völlig für Gott und seine Nächsten. Er wählte absichtlich diese schwierige Lebensweise, weil ihm der Himmel wichtiger war als die Annehmlichkeiten der Erde. Dadurch erlangte er solche Höhen der christlichen Vollkommenheit, daß er mehrere Male gesehen wurde, wie er von einem unirdischen Licht umgeben war, das von ihm ausging, und ihm war die Gnadengabe gegeben worden, Wunder zu wirken. Im Jahr 1966 entschlief der hl. Ioann und wurde in San Francisco zur Ruhe gelegt. Bis zum heutigen Tag wird er zusammen mit dem hl. Herman, dem hl. Innokentij und allen Heiligen der Orthodoxen Kirche dafür verehrt, daß er das Licht Christi bis an die Enden der Welt getragen hat.

Zusammenfassung

Von der Zeit der Heiligen der frühen Kirche bis zu den Heiligen unserer eigenen Tage, der Heiligen unseres Jahrhunderts, ist die ursprüngliche Kirche Christi als ein Schatz bewahrt geblieben, der von Gott Selbst der Menschheit gegeben wurde. Im Lauf der Jahrhunderte hat diese allumfassende Orthodoxe Kirche die Fülle der christlichen Erfahrung, der Theologie und der Spiritualität kontinuierlich bewahrt. Sie wird uns in der Liturgie gegeben, im Glaubensbekenntnis, in der Bibel, im Mönchtum und in der ganzen christlichen Weltsicht.

Dies mag für jene überraschend sein, die dachten, daß die geteilte und fragmentierte christliche Erfahrung des Westens der einzige Ausdruck der Kirche sei. Andere jedoch, die die Östliche Kirche entdeckt haben, finden Ruhe für ihre Seelen; jene, die hungern nach der ursprünglichen, historischen christlichen Kirche, die die Apostel begannen und die noch in unserer Zeit existiert.

Diese Kirche erstreckt sich von den Heiligen im Himmel hinunter zu den Gläubigen hier auf Erden, um uns von der Erde zu den Höhen des Himmels zu erheben. Somit ist das Wesen der Kirche nicht in irdischen Institutionen zu finden, sondern muß im spirituellen Leben der Kirche gesucht werden, das im Herzen stattfindet, denn Christus offenbart sich im Herzen.

Wenn sich Christus einer Seele offenbart, wird das Herz zum Kampfplatz, auf dem sich der Christ seinen Weg zum Himmel erkämpft. Dieser Kampf, zusammen mit jenem, in dem das ganze Leben hindurch das Gute über das Böse zu siegen bestrebt ist, die Tugend über das Laster, wird „Unsichtbarer Krieg“ genannt – dies ist die Essenz des spirituellen Lebens des Christen. Im Verlauf dieses Kampfes wird die Seele gereinigt, damit sie ein Ort für den lebendigen Gott wird, in den Dieser einzieht und in dem Er Wohnung nimmt. Dies ist das wahre und letzte Ziel der Kirche. Alles andere im Leben ist nur sekundär.

Um diese Kirche zu gründen, kam Gott hinunter zur Erde, wurde Mensch, litt, starb, auferstand von den Toten und stieg auf in den Himmel. Dadurch zeigte Gott der Menschheit den Weg von der Erde zum Himmel und gab uns Seine heilige Kirche als Ort, wo Himmel und Erde einander begegnen und die Kommunion mit Gott beginnt.

Der Eintritt in die Pforte zum Paradies

Da die Orthodoxie die Fülle des ursprünglichen, apostolischen Christentums ist, ist es erforderlich, um ein wahrer orthodoxer Christ zu sein, Christ im vollsten Sinn des Wortes zu werden. Und das ist nicht leicht. Es bedarf einer Lebenszeit des ständigen unsichtbaren Krieges, asketischer Disziplin, Selbstverleugnung, Selbstkreuzigung und aktiver, selbstloser Liebe. Um wahrhaft orthodox zu sein, muß man sich selbst sterben und sein Leben hassen (Lk 14,26) – das heißt, das Leben seines eigenen Egos. Du mußt für die Eigenliebe und den sinnlichen Genuß sterben, die, wie die Väter lehren, die ersten Ergebnisse des Sündenfalls und die Wurzeln aller Sünden sind. Du mußt in dich selbst schauen und dich mit deiner Sünde konfrontieren, die sich nicht nur in einzelnen Handlungen äußerst, sondern als ein umfassender Zustand. Dann mußt du darangehen, auch all die subtilsten Leidenschaften auszureißen, die dich von Gott trennen. Du mußt den Wunsch nach Vergeltung durch Vergebung überwinden, was nur durch die Gnade Gottes geschehen kann. Du mußt dein ganzes Verlangen danach, beliebt zu sein, auch bei anderen Mitgliedern der Orthodoxen Kirche, abschneiden; den Wunsch nach Akzeptanz, Anerkennung, Würdigung und „Liebe“.

Christus sagte: Wer nicht sein Kreuz trägt und Mir nachfolgt, kann nicht Mein Jünger sein. Wenn einer von euch einen Turm bauen will, setzt er sich dann nicht zuerst hin und rechnet, ob seine Mittel für das ganze Vorhaben ausreichen? (Lk 14,27-28). Viele Menschen nehmen das Kreuz Christi nicht auf sich, weil sie meinen, es würde zu viel von ihnen verlangen. Andere nehmen es, doch da sie nicht die Kosten bedacht haben, legen sie es wieder ab, da es ihnen zu schwer wird. Noch andere werden orthodox, tun dies aber mit weltlichen Motiven: mit dem Wunsch, offiziell zu sein, wichtig oder anerkannt; dem Wunsch, „korrekter“ und historisch authentischer zu sein als Protestanten oder Römisch-Katholische; dem Wunsch die wundervolle Ästhetik der orthodoxen Liturgien zu erfahren usw. Wer so   vorgeht, wird allerdings niemals in das Wesen des orthodoxen Christentums gelangen. Da sie niemals wirklich das Kreuz Christi auf sich genommen haben, werden sie niemals die unirdische Freude Seiner Auferstehung kosten.

„Wer Gott zu dienen wünscht“, sagt der hl. Basileios der Große (4. Jh.), „muß sein Herz auf Kümmernisse vorbereiten.“ Der orthodoxe christliche Glaube ist ein leidender Glaube, denn durch Leiden können wir schließlich zu unserem wahren Zustand erwachen, bereuen, von Christus gereinigt und in dieser Läuterung zu einem Wohnort des Heiligen Geistes werden. Der hl. Gregor der Theologe, der große Theologe des vierten Jahrhunderts, beschrieb das wahre Christentum als „leidende [Leid-tragende] Orthodoxie“. Dies auf sich zu nehmen, ist das denkbar radikalste, forderndste Alles-oder-Nichts-Leben. Alle falschen Motive müssen fortfallen, fortgebrannt werden im Feuer des Leidens für Jesus Christus. Du mußt bis zum Maß, in dem du dazu fähig bist, die Leiden, die Verfolgung und Kreuzigung, die die orthodoxen Heiligen im Verlauf der Jahrhunderte erlitten haben, kosten. Um in ihre himmlische Gemeinschaft einzutreten, mußt du den Preis bezahlen. Christus sagt: Eng ist das Tor und schmal ist der Pfad, der zum Leben führt, und nur wenige finden ihn (Mt 7,14). Dieser Weg ist durch den Schmerz des Herzens und Tränen der Reue zu finden. Gemäß deiner Sehnsucht und deinem Streben wirst du eintreten; du wirst die Früchte des Paradieses schon in diesem Leben kosten, und Christus wird deine Leiden mit Seiner Gegenwart erfüllen. Dann wirst du die Freude der Auferstehung kennen, denn du wirst die Auferstehung in deiner eigenen Seele erfahren haben. Du wirst im Inneren ein neues Wesen sein, und du wirst das Reich Gottes in dir finden.

Durch die Mysterien, die Schrift, die geistige Disziplin und die asketischen Lehren der Orthodoxen Kirche wirst du die Pforte zum Paradies finden. Und dann wirst du in deinem eigenen Herzen, in deinem eigenen inneren Sein, das Paradies selbst finden. Du wirst finden, was wahres Gebet ist, und du wirst Ihn finden, Der dich dein ganzes Leben lang gerufen hat: Christus, den Bräutigam deiner Seele.

Zusammengestellt von

Youth of the Apocalypse Outreach,
St. Herman of Alaska Brotherhood,
Forestville, Ca.
Mönch John M.

(Quelle: http://www.orthlit.de/DiePforteZumParadies.htm)

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Wien, Kathedrale zum hl. Nikolaus

 Jauresgasse 2, 1030 Wien

Tel.: +43 1 713-82-50

Internet: http://www.nikolsobor.org

Geschichte

Seit Jahrhunderten leben Russen in Wien. Der Grossteil von ihnen waren Diplomaten und Handelsvertreter, die u.a. ganze russische Handelskolonien gründeten. Eine solche Kolonie befand sich auch in Tokaj, das damals zur Österreichisch-Ungarischen Monarchie gehörte. Sie kauften die berühmten Tokaj-Weine und lieferten sie nach Russland. Für diese Kolonie wurde dort eine Kirche erbaut; ihre Geistlichen wurden aus Russland entsandt.

Im Jahre 1701 mit der Ernennung von Fürst P. A. Golizyn als Minister am Wiener Hof wurden die diplomatischen Beziehungen zwischen Russland und Österreich stabil. Unter den späteren russischen Botschaftern - Graf M. P. Bestuschev-Rjumin, I. Ch. Urbich, Graf A. A. Matwejev und Graf P.I. Jaguzhinskij erweiterte sich der Bestand der Botschaftsmitarbeiter und der Handelsmissionen.

Da die in Wien lebenden orthodoxen russischen Gläubigen damals keine eigene Kirche hatten, wurden sie durch den griechischen und serbischen Klerus aus der griechischen Kirche zum heiligen Grossmärtyrer Georg betreut. Zu Beginn des Krieges der Türkei gegen Russland und Österreich (1735-1739) wurde fast die ganze griechische Bevölkerung, darunter auch die griechischen Geistlichen, als Untertanen des türkischen Sultans, aus Wien ausgesiedelt. Die Kirche zum hl. Georg, die ihren ganzen Klerus und ihre Gläubigen verloren hatte, blieb ohne Mittel für ihre Existenz. Der in Wien ansässige russische Resident L. Lantschinskij wandte sich an Petersburg und bat um Hilfe. Kurz darauf wurde ihm mitgeteilt, dass für den Geistlichen an der russischen Botschaft in Wien 100 Rubel pro Jahr bewilligt werden. Seit dieser Zeit erhielt der serbische Mönchspriester SIMEON, der an der Kirche zum hl. Georg blieb, sein Gehalt aus Russland.

An seine Stelle lud später der Botschafter Graf M. P. Bestuschev-Rjumin im Jahre 1750 einen weiteren serbischen Mönchspriester namens MICHAIL ein. Dieser verliess später Wien und ging in das Kiewer Höhlenkloster. Dadurch wurde es notwendig, einen Priester aus Russland zu bekommen. Erst unter Fürst D.M. Golyzin, der von 1761 bis 1790 russischer Botschafter in Wien war, wurde ein russischer Geistlicher nach Wien bestellt.

Im Jahre 1761 wurde eine russische Mission zum Kongress in Augsburg zu Verhandlungen eines Waffenstillstandes zwischen den Kriegsparteien des Siebenjährigen Krieges entsandt, welche die Feldkirche zur Heiligen Dreifaltigkeit mit sich führte. Zu dieser Kirche gehörten der Mönchspriester NARKISS ( Kwetka ) und zwei Kirchendiener. Im März 1762 wurde die Mission nach Russland abberufen, und die Kirche wurde auf Bitte D. M. Golizyns zusammen mit den Kirchendienern T. Kasatschinskij und I. Ivanov nach Wien entsandt. Kurz darauf wurde der Priester SIMEON Matwejev, der zu diesem Zweck aus Den Haag abberufen wurde, zum ersten Vorsteher der Botschaftskirche in Wien ernannt. Die Kirche wurde in der Botschaft untergebracht. Für ihre Erhaltung wurden weiterhin 100 Rubel pro Jahr aus Russland angewiesen.

Bereits in der Anfangszeit ihrer Existenz hat die russische Botschaftskirche in Wien ihre Tätigkeit ausgeweitet. Die mit gutem Gesang gefeierten Gottesdienste wurden auch von der örtlichen Bevölkerung besucht. So schrieb D. M. Golizyn in einem Brief an Kaiserin Katherina II. am 19. März 1776: "Nicht nur für die Personen griechischen Glaubens, die in recht grosser Zahl zu den Gottesdiensten in diese Kirche kommen, sondern auch für die hiesige Bevölkerung, die aus reiner Neugier den Gottesdienst besucht, scheint es mir unumgänglich, grössere Räumlichkeiten für den Gottesdienst zu haben." In Beantwortung dieser Bitte stellte das Kollegium für auswärtige Angelegenheiten Russlands für die Erhaltung der Kirche 600 Taler pro Jahr zur Verfügung neben den Gehältern für den Priester und die Kirchendiener.

Im Jahre 1767 wurde der Priester SIMEON Matwejev nach Paris versetzt. An seine Stelle wurde der Mönchspriester IESEKIIL ( Diakovskij ) ernannt, der bis dahin Priester an der Handelsmission in Tokaj gewesen war. Er blieb 16 Jahre in Wien. Ab 1783 wirkte der Geistliche der Petersburger Andreas-Kirche IOANN Iosifow vierzig Jahre lang an der Wiener Kirche. Im Jahre 1799 als Folge der Verschlechterung der Beziehungen zwischen Österreich und Russland wurde Ioann Iosifow zusammen mit den Kirchengütern nach Dresden übersiedelt, wo er sich ein ganzes Jahr aufhielt. Durch Umsiedelungen wurden die Heiligtümer beschädigt.

Der russische Botschafter Graf A.K. Razumovsky bemühte sich 1790 um die Ruckkehr des orthodoxen Geistlichen IOANN Iosifow nach Wien. Es wurde ein schönes Gebäude für die Kirche gemietet und neuer Besitz erworben. Ein Chor wurde gebildet, für den die Sänger aus Russland entsandt wurden.

Im Jahre 1815 wurde IOANN Iosifow aufgrund seiner Verdienste um den Wiederaufbau der Kirche zum Erzpriester ernannt. Nach seinem Tode im Jahre 1823 wurde der Magister der Petersburger Geistlichen Akademie, GAVRIIL Meglizkij, als Priester nach Wien bestellt. Unter ihm wurde die Kirche in ein neues Gebäude verlegt. Vater Gavriil starb im Jahre 1840 in Enns während einer Seelsorgereise. Archimandrit (später Bischof) PORFIRIJ (Uspenskij), der erste Leiter der Russischen Geistlichen Mission in Jerusalem, wirkte zwei Jahre in Wien.

Von 1842 bis 1884 war der Erzpriester MICHAIL Rajewskij Vorsteher der Wiener Botschaftskirche. Er ging in die Geschichte ein als einer der Initiatoren der Einberufung eines Slawischen Kongresses 1867 in Russland . Unter ihm war die Wiener orthodoxe Kirche das geistliche Zentrum aller Slawen, die auf dem Territorium der damaligen Österreichisch-Ungarischen Monarchie lebten. Erzpriester M. Rajewskij ist für seine Übersetzungen von Texten des Gottesdienstes aus dem Griechischen ins Deutsche bekannt (Das Euchologion der orthodoxen Kirche, Der Große Kanon des ehrwürdigen Andreas von Kreta und andere).

Erzpriester M. Rajewskij trug sich mit dem Gedanken in Wien eine imposante Kathedrale aus Stein zu bauen. Er erwirkte die Erlaubnis und begann Spenden für den Bau der orthodoxen Kathedrale zu sammeln. Sein Tod im Mai 1884 erlaubte es diesem tatkräftigen Geistlichen nicht, die Umsetzung seiner Idee in die Wirklichkeit zu erleben. Die Summe von 22.000 Rubel, die durch den Erzpriester M. Rajewskij als Spenden gesammelt worden waren, reichte nur zum Bau der Friedhofskirche zum hl. Lazarus auf dem Wiener Zentralfriedhof. Diese Kirche wurde am 26. April 1895 eingeweiht und sie besteht bis heute.

Nach einem kurzen Dienst des Priesters V. Archangelskij wurde im Jahre 1885 Erzpriester ALEXANDER Nikolajewskij aus Reval zum Pfarrer in Wien ernannt, der den Bau einer orthodoxen Kathedrale verwirklichte. Er machte sich mit grossem Eifer an die Sammlung der Spenden. Die aufgebrachte Summe erwies sich als unzureichend zum Bau einer auch nur kleinen Kirche. Daraufhin sandte der russische Botschafter A. B. Lobanov-Rostovskij ein Bittgesuch nach St. Petersburg und erhielt eine Anweisung von 400.000 Rubeln für den Kirchenbau. Die Gestaltung der Innenräume und der Sakristei wurde durch Spenden von Privatpersonen verwirklicht.

Für den Bau der Kathedrale stellte die russische Botschaft einen Platz in ihrem Garten zur Verfügung. Am 3. Oktober 1893 erfolgte mit dem Segen des Metropoliten von St. Petersburg und Ladoga PALLADIJ die Grundsteinlegung der Kathedrale. Die Bauarbeiten wurden nach dem Entwurf des Akademiemitglieds Grigorij Kotov unter der Leitung des italienischen Architekten Cavaliere (Ritter) Luigi Giacomelli durchgeführt und im Jahre 1899 beendet.

Die Weihe der Kathedrale zum heiligen Nikolaus wurde am 4. (17.) April 1899 durch den Erzbischof von Chelm und Warschau, IERONIM, vorgenommen. An diesem Tag waren in Wien fast alle Pfarrer der russischen Kirchengemeinden anwesend, die ihren Dienst im Ausland verrichteten: in Berlin, Budapest, Coburg, Dresden, Prag, Stuttgart, Wiesbaden. Anwesend waren ausserdem die Priester der griechischen und serbischen Kirche in Wien und die Geistlichen der bosnischen Regimenter. An der Weihe der Kathedrale nahmen die Mitglieder der Russischen Botschaft unter der Leitung des Botschafters Graf P.A. Kapnist, Vertreter der österreichischen Behörden, der Landesstatthalter Graf Kielmannsegg und der Bürgermeister von Wien Strobach, aber auch die Botschafter Rumäniens, Serbiens und Griechenlands und Vertreter verschiedener slawischer Gemeinden teil. Zum Ende der heiligen Liturgie hielt ALEKSIJ Maltzev, Erzpriester der Russischen Kirche in Berlin, eine Ansprache.

Am folgenden Tag hielt Erzbischof IERONIM in der neugeweihten Kathedrale die Liturgie der Vorgeweihten Gaben und das Totengedenken für die verstorbenen Stifter der Kathedrale. Am 8. April wurde Erzbischof IERONIM von Kaiser Franz Joseph empfangen. Der Synodalchor, der an der Weihe der Kathedrale teilgenommen hatte, gab im Saal des Wiener Konservatoriums ein geistliches Konzert, welches grossen Eindruck auf die österreichischen Musikliebhaber machte.

Erzpriester ALEXANDER Nikolaevskij wirkte als Pfarrer in Wien bis zu seinem Tod im Jahre 1913. Er bemühte sich eifrig um die weitere Ausgestaltung der Kathedrale. In den Jahren 1913 und 1914 war ARSENIJ Roshdestvenskij Pfarrer der Wiener russischen orthodoxen Kathedrale. Im Jahre 1914 wurde die Kirche wegen des Ersten Weltkrieges geschlossen.

Erst 1945 nach der Befreiung Wiens durch die sowjetischen Truppen wurde die Kathedrale durch den Moskauer Erzbischof FOTIJ ( Topiro ) wieder eröffnet, obwohl sie während des Krieges schwer beschädigt wurde. Im Jahre 1946 wurde Erzbischof SERGIJ ( Korolev ) mit dem Titel des Exarchen des Patriarchats in Mitteleuropa nach Wien entsandt. Er bemühte sich um die russische orthodoxe Gemeinde und um die Renovierung der Kathedrale. Im Jahre 1949 wurde er nach Berlin versetzt.

Im selben Jahr beging die Kirchengemeinde zum hl. Nikolaus feierlich das 50-Jahr-Jubiläum ihres Gotteshauses. Zu diesem Fest kam der Exarch des Patriarchats in Mitteleuropa Erzbischof SERGIJ mit dem Segen Seiner Heiligkeit des Patriarchen ALEKSIJ I. Pfarrer der Kirche zum Hl.Nikolaus waren zu jener Zeit Erzpriester ALEXANDER Vantschakow und anschließend Archimandrit ARSENIJ Schilowskij ( 1951-1962 ).

Im Jahre 1951 wurde in Wien ein Dekanat errichtet, das 1962 in eine Eparchie umgewandelt wurde. Mit der Ernennung des Bischofs FILARET ( Denisenko ) wurde das Leben der Gemeinde zum hl. Nikolaus wesentlich intensiver. Die Wiener orthodoxe Gemeinde begann aktiv am zwischenkirchlichen Dialog teilzunehmen. Der Gottesdienst wurde dabei durch den wiedererrichteten Chor unter der Leitung des Chorleiters Alexander Netschipor verschönert.

A. Netschipor mußte lange Zeit für jeden Gottesdienst aus Innsbruck anreisen, weil er dort seinen ständigen Wohnsitz hatte. Er war ein großartiger Dirigent, der auch selbst im Chor sang und Kirchenlieder komponierte. Einige Kirchenlieder, zu denen er auch die Musik schrieb, singt der Kirchenchor der Hl.Nikolaus-Kathedrale noch bis heute.

Vom Ende des Jahres 1964 bis zum Juni 1966 hatte der Bischof VARFOLOMEJ (Gondarowskij) den Wiener Bischofsstuhl inne. In seinem Wirken vereinigten sich harmonisch ein nach strenger Ordnung gefeierter Gottesdienst, die wachsame Aufmerksamkeit eines Bischofs in bezug auf die Bedürfnisse der Gläubigen und eine väterliche Beziehung zu der ihm durch Christus anvertrauten Herde. Im September 1966 wurde Erzpriester VITALIJ Maljuschkovitsch ( 1966 -1970 ) aus der Heiligen-Dreifaltigkeits-Kathedrale von Luzk, zum Pfarrer der Kirche des Hl.Nikolaus ernannt.

Im Oktober 1967 wurde Bischof MELCHISEDEK (Lebedev) zum Bischof von Wien und Österreich ernannt. Unter seiner Anleitung wurden große Reparaturarbeiten in den Verwaltungs- und Gemeinderäumen der Kirche vorgenommen, die mehrere Jahrzehnte in desolatem Zustand waren. Zu dieser Zeit war Erzpriester VIKTOR Bekarevitsch Pfarrer der Kathedrale ( 1970-1979 ).

Auf Beschluß des Heiligen Synods im Mai 1970 wurde der Bischof von Tichvin GERMAN (Timofejev) zum Bischof von Wien und Österreich ernannt. Unter ihm wurden einzelne Stellen der göttlichen Liturgie und Predigten in deutscher Sprache gehalten. Diese neue Tradition wird bis heute fortgeführt.

Am 13. März 1975 wurde der Erzbischof von Baden-Baden IRINEJ (Susemil) zum Oberhaupt der Eparchie von Wien und Österreich ernannt und in dieser Eigenschaft erfüllt er auch heute noch seine bischöflichen Aufgaben im Rang eines Metropoliten. Durch die Bemühungen des Metropoliten IRINEJ wurde das Kirchengebäude renoviert. Zu dieser Zeit wirkten an der Kirche als Pfarrer die Erzpriester EVGENIJ Missejuk (1979-1982), PAWEL Krasnozvetow (1982-1987) und MICHAIL Turtschin (1987-1997), unter dem ständig Restaurationsarbeiten durchgeführt wurden.

Ein denkwürdiges Ereignis in der Geschichte der Kirche des Hl.Nikolaus war der Besuch Seiner Heiligkeit des Patriarchen von Moskau und ganz Russland ALEKSIJ II im Juni 1997.

Seit Dezember 1997 ist Erzpriester NIKOLAJ Orlov Pfarrer der Kirche des Hl.Nikolaus. (Und jetzt ist Erzpriester Vladimir Tyschuk der Pfarrer der Kathedrale — Anmerkung des Webmasters)

Die Gemeinde des Hl.Nikolaus vereinigt die Wiener Gläubigen, die unter der Obhut Seiner Heiligkeit des Patriarchen von Moskau und ganz Russland stehen. Die Aufgabe der Gemeinde besteht nicht nur in ihrer geistlichen Betreuung, sondern auch in der Vertretung der russischen Orthodoxie in Mitteleuropa.

In Wien wurden günstige Bedingungen geschaffen für die Entwicklung der Kontakte zwischen den Vertretern verschiedener christlicher Kirchen. Sie treffen sich zum Meinungsaustausch, zu Vorlesungen, Vorträgen und Diskussionen zu Fragen des kirchlichen und gesellschaftlichen Lebens. Diese Begegnungen ermöglichen ein gegenseitiges Kennenlernen und besseres Verständnis.

Im Jahre 1999 wurde das Jahrhundertjubiläum der Weihe der Kirche des Hl. Nikolaus gefeiert, ein denkwürdiges Ereignis für die Kirchengemeinde.

In diesem Jubiläumsjahr, wie auch immer in ihrer Geschichte, richtet die Gemeinde des Hl. Nikolaus innige Gebete an Gott und den Schutzpatron der Kirche, den heiligen Nikolaus, damit durch die ergreifende Liturgie ihres Gottesdienstes, durch das Wirken ihres Klerus und ihrer Gemeinde auch in Zukunft den Menschen im Zentrum Europas die Feierlichkeit, der Glaube und die Schönheit der Russischen Orthodoxen Kirche näher gebracht wird.

(Quelle: http://www.nikolsobor.org)

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Wien, Kapelle zum hl. Lazarus

Internet: http://www.lazar4.at

Das kleine Kirchenhaus im Namen des hl. gerechten Lazarus war auf dem russischen Grundstück des Zentralen wiener Friedhofs in 1895 gebaut. Ist am 9. Mai (am 27. April nach dem alten Stil) 1895 eingeweiht. Die Kapelle ist eine Perle der russischen Baukunst. Sie befindet sich nicht weit von den Gräbern der großen Komponisten: Beethoven, Schubert und Brahms. Für den Bau der Kirche wurden die Spenden verwendet, die vom Pfarrer der russischen Botschaftskirche (ab 1842) Erzpriester Michail Feodorowitsch Rajewskij gesammelt waren. Geplannt war der Bau eines großen Tempels, was aber durch den Tod des Pfarrers im Mai 1884 verhindert wurde. Die gesammelten Mittel und Spenden reichten nur für eine kleine Friedhofskirche aus. Nichtsdestoweniger ist es später im Jahre 1899 gelungen in Wien auch die große Kathedrale z. hl. Nikolaus aufzubauen.

Zum Ende der 90 Jahre des XX. Jahrhunderts ist die Kapelle zum Heiligen Lazarus in Notzustand gekommen. In 2004-2006 Jahren waren die Renovierungsarbeiten durchgeführt und am 12. Oktober 2006 hat die nochmalige Weihung der Kapelle stattgefunden, an der der Metropolit von Smolensk und Kaliningrad Kirill — heute Patriarch Kirill I. — teilgenommen hat.

(Quelle: http://www.lazar4.at, Übersetzung aus dem Russischen — Mag. Andrej W. Sidenko)

Andere Pfarren

Linz. Die Pfarre im Namen der Heiligen Neumärtyrer und der Glaubensbekenner Russlands
Biberweg 30, Pichling, Linz

Klagenfurt. Die Pfarre im Namen der Seligen Ksenija von Petersburg
Franz von Sales Platz 1 (Waffenschmiedgasse 13)

Salzburg. Die Kirche zu Mariä Schutz und Fürbitte
Christian-Doppler-Strasse 3a, A – 5020 Salzburg
Internet: http://www.pokrovsbg.ru

Villach. Die Kirche zum Heiligen Alexander Newskij
Am Waldrain 8, A-9500 Villach

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Aktualisiert: 21.07.2010

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