PUBLIKATIONEN

Russische Kirche in deutschsprachigen Medien

27. Juni 2009
Willems, Joachim

Die Russische Orthodoxe Kirche erholt sich zunehmend von sowjetischen Repressionen und tritt auch in der Öffentlichkeit immer häufiger und sicherer als eine Volkskirche auf. So erscheinen auch in den deutschsprachigen Medien Berichte über diese Wandlungen.  Doch meist wird „Volkskirche“ als „Staatskirche“ abgestempelt, und auch andere Klischees finden ihren Platz öfter, als realitätsnahe Fakten.

In einem Leserbrief an die Wochenzeitung DIE ZEIT (Nr. 26, 21. Juni 2007, S.49) reagiert Oleg Koslow aus Stuttgart auf einen Artikel über den G8-Gipfel in Heiligendamm; in dem Artikel hatte es geheißen, dass sieben der acht Gipfelteilnehmer demokratisch legitimiert seien. Da der Verfasser jenes Artikels den Gipfelteilnehmer ohne demokratische Legitimierung nicht benennt, geht Koslow die einzelnen Staatschefs durch. Zum Beispiel George W. Bush: «Vor sechs Jahren ins Amt gekommen mit Unterstützung von weniger als einem Viertel der Stimmberechtigten Amerikaner, mit weniger Stimmen als sein Hauptkonkurrent und mit Hilfe der kaputten (oder gar manipulierten?) Wahlautomaten und seines Bruders Jepp Bush, Gouverneur von Florida. Aber diesen George W. Bush wird Bernd Ulrich wohl nicht gemeint haben.» Übrig bleibt am Ende nur Vladimir Putin. Dieser sei, so Koslow, seit 2000 «mit großer Mehrheit gewählter Präsident, 2004 wiedergewählt mit über 70%der abgegebenen Stimmen und seit Jahren mit dergleichen Unterstützung seines Volkes für seine Person wie auch für seine Politik.» Der Leserbriefschreiber erklärt, dass er sich in einer Zwickmühle befinde. Er sei kein Freund von Putin und dessen Regime und nennt zahlreiche Mißstände im heutigen Russland. Dennoch ist er überzeugt: «Bei aller Kritik an dem Regime darf man sich nicht zu sachlich unrichtigen, ideologisch aufgeladenen und von Vorurteilen geprägten Parolen hinreißen lassen, die in der Russlandberichterstattung leider allgegenwärtig sind. Denn genau diese unsachliche Kritik ist Wasser auf die Mühlen von Putins Regime, der bei jeder Gelegenheit die doppelte Moral des Westens anprangert.»

Wer sich mit der religiösen und kirchlichen Lage in Russland beschäftigt und regelmäßig die deutschsprachige Presse liest, kann leicht zu einer ähnlichen Einschätzung kommen. So finde ich zwar immer wieder genügend Anlässe, mich über die Russische Orthodoxe Kirche, ihre Vertreter und ihre Anhänger zu ärgern. Aber mindestens ebenso ärgerlich ist in meinen Augen die Einseitigkeit der westlichen Berichterstattung.

Ich habe diesen Ärger zum Anlass genommen, in den Monaten Februar bis Juni 2007 systematisch die Berichterstattung über die Russische Kirche in deutschsprachigen Medien zu verfolgen, und habe mit Hilfe von Internet-Suchmaschinen knapp fünfzig Zeitungsartikel gefunden, die sich - zentral oder am Rande - mit der russischen Orthodoxie befassen. Dabei handelt es sich um kurze Hinweise auf oder um Berichte über Konzerte russischer Chöre, die Gesänge der orthodoxen Kirche zur Aufführung bringen, «gestandene Mannsbilder mit gewaltigen Singstimmen» («Kosakengesang erfüllte Kirche», in: Frankfurter Neue Presse, 20. März 2007) oder um die Eröffnung einer Ikonenausstellung in der Sparkasse Neckartal-Odenwald (Peter Lahr berichtete darüber im März in der Rhein-Neckar-Zeitung unter der Überschrift «Das Heilige' ist in die Sparkasse eingezogen»). Die meisten Artikel aber beschäftigen sich mit aktuellen Themen und Ereignissen: dem Besuch Putins beim Papst im März 2007, der Ausstellung «Verbotene Kunst» im Moskauer Sacharow-Museum (März und April), den orthodoxen Protesten gegen Demonstrationen von Homosexuellen in Moskau (März und Mai), dem orthodoxen Osterfest (April), der Wiedervereinigung des Moskauer Patriarchats mit der Russischen Orthodoxen Auslandskirche im Mai 2007, zu der Katja Tichomirowa einen wohltuend sachlichen Artikel für die «Berliner Zeitung» verfasste («Unter dem Dach des Patriarchen»; 16. Mai 2007). Außerdem findet die Russische Kirche Erwähnung in Artikeln u.a. zur Verleihung des Buchpreises zur europäischen Verständigung an Michail Ryklin im März 2007 oder zur Beerdigung von Boris Jelzin im April.

Diese Übersicht beschreibt das Spektrum der Bilder von der Orthodoxie in Russland, die sich deutsche Journalisten machen. Kurz zusammengefasst, changiert das Bild der Russischen Kirche dabei zwischen ästhetischer Faszination und Ablehnung ihrer vermeintlich vormodernen und fundamentalistischen Haltung. Dabei zeigen nähere Analysen von Artikeln, wie Daten und Informationen aufbereitet werden, um dieses oder jenes Bild zu stützen - und wie sie gerade nicht zum Anlass genommen werden, eigene Vorurteile zu hinterfragen.

«Wider den humanistischen Liberalismus»

In dem Artikel «Wider den humanistischen Liberalismus» (DIE WELT, 16. Mai 2007) zeigt sich die beschriebene Ambivalenz gegenüber der russischen Orthodoxie in besonders deutlicher Weise, wenn Gernot Facius schreibt: «Gewiss, in der orthodoxen Liturgie leben das altkirchliche Verständnis und die alte Praxis des Gottesdienstes unmittelbar weiter. Aber Orthodoxie, vor allem in ihrer russischen Prägung, ist mehr als die Summe von Weihrauch, feierlicher Liturgie und prächtigen Ikonen. Sie ist mehr als ein Farbtupfer auf der kirchlichen Landkarte. Sie stellt so ziemlich alles auf den Kopf, was in eine moderne Kirchlichkeit eingeflossen ist und postuliert einen Alleinvertretungsanspruch, dem sich weder Katholiken noch Protestanten unterwerfen können.»

Der ästhetische Eindruck des Gottesdienstbesuchers - Weihrauch, Gesang, Ikonen - wird hier deutlich positiv gewertet und mit einer Beschreibung von Orthodoxie in Verbindung gebracht, die durchaus dem orthodoxen Selbstverständnis entspricht: Kirche in der ungebrochenen liturgischen Tradition der frühen Christenheit. Schon das erste Wort des folgenden Satzes zeigt dann aber, dass dieser vom Verfasser positiv bewerteten Seite eine negative beiseite gestellt werden müsse: Orthodoxie sei noch etwas anderes. Nun folgen die negativ besetzten Züge der ROK. Als negativ gilt zum einen die vermeintliche Ablehnung des Modernen. Hier wie in anderen Artikeln fällt auf, dass modern zu einem quasimoralischen Zentralbegriff der westlichen Berichterstattung wird. Was modern ist, scheint per se als gut bewertet werden zu müssen. Zum anderen gilt dem Verfasser als negativ, dass die Russische Kirche einen «Alleinvertretungsanspruch» postuliere. Durch den Kontext wird deutlich, dass das ebenfalls als nicht kompatibel mit der Moderne erscheint. Aber der Vorwurf geht noch weiter: Damit sei, so wird zumindest suggeriert, ein Herrschaftsanspruch über Katholiken und Protestanten verbunden. Diese sollten sich der Orthodoxie «unterwerfen» - was sie (selbstverständlich, so legt Facius nahe) nicht könnten. Den Nachweis, wann und wo die Russische Kirche eine Unterwerfung der Katholiken und Protestanten gefordert habe, bleibt Facius schuldig. Er dürfte auch kaum Belege für einen solchen Anspruch finden.

Im weiteren Verlauf des Artikels arbeitet Facius ähnlich: Einzelne Beobachtungen werden zu einem lückenhaften Bild zusammengesetzt, das erst durch die wertende Interpretation vollständig wird - und dann die Orthodoxie in schlechtem Lichte erscheinen lässt. So, wenn Facius schreibt: «Europa, die Europäische Union, die Kirchen im Westenverlangen von den Orthodoxen Antworten auf sozialethische Fragen, auf die sie unzureichend vorbereitet sind. Eine sozialethische Erneuerung ist trotz eines Moskauer Ansatzes im Jahr 2000 ausgeblieben. Sie kann auch nur auf einer panorthodoxen Synode beziehungsweise einem panorthodoxen Konzil beschlossen werden. Alle orthodoxen Kirchen müssten zustimmen. Ein solches Treffenist vorerst nicht zu erwarten.»

Wieder erscheint «Erneuerung» als positive Kategorie, die die Russische Kirche nicht zu erreichen vermag. Der knappe Hinweis, die im In- und Ausland vielbeachtete Sozialdoktrin der Russischen Kirche aus dem Jahre 2000 sei «unzureichend», ist für den durchschnittlichen Leser der WELT nicht nachprüfbar. Eine Begründung, warum dieser Text nicht weiterführe, fehlt ebenso wie eine kurze Darstellung der Inhalte und der kirchlichen Positionen zur Sozialethik. Überraschend ist dann, wie Facius quasi ein panorthodoxes Konzil fordert. Dies legt nahe, die Russische Orthodoxe Kirche äußere sich nur unverbindlich zu sozialethischen Fragen, sie benötige aber eigentlich die Zustimmung zu ihren Positionen durch ein solches Konzil. Dass das «nicht zu erwarten» sei, unterstreicht dann die Meinung des Autors, wonach die Orthodoxie nicht als Modernetauglich eingestuft werden kann.

Aufschlussreich ist es, wenn man dieses Argument auf den Protestantismus überträgt: Auch die evangelischen Kirchen haben keine einheitliche sozialethische Haltung, auf die sich alle evangelischen Kirchen verständigt hätten. Es würde im übrigen auch ihrem Selbstverständnis widersprechen, eine einheitliche Haltung ein für allemal verbindlich für alle gemeinsam festlegen zu wollen. Dies kann man als evangelische Tugend des demokratischen Diskurses würdigen. Kaum jemand aber käme auf die Idee zu behaupten, der Protestantismus sei deshalb unzureichend auf aktuelle Herausforderungen vorbereitet, weil ein einheitliches Lehramt fehlt! Nebenbei: Angenommen, es gäbe ein panorthodoxes Konzil, das sich auf sozialethische Stellungnahmen einigen wür de - gäbe es dann nicht die Kritik in der westlichen Presse, die orthodoxe Kirche würde die autonome Entscheidung des Individuums nicht anerkennen - und sei folglich antimodern?

Ein letztes Beispiel aus dem Artikel von Facius: «Und zum Entsetzen westlicher Beobachter der russischen Religionsszene identifizierte der Metropolit [Kirill (Gundjajev)] sich mit der orthodox-patriotischen Staatsideologie [...]: Die Nationschafft den Glauben und die Religion. [...] Undenkbar, dass sich diese Vorstellungen einer engen Verbindung von Nation und Religion mit der westlichen Tradition der Trennung von Staat und Kirche werden versöhnen lassen.»

Facius bietet leider keine Belege dafür, dass Kirill meint, die Nation schaffe Glauben und Religion; und mir scheint es sehr unwahrscheinlich, dass der Metropolit dieser Formulierung zustimmen würde. Wahrscheinlicher ist, dass er hier wie an anderen Stellen darauf hinweist, dass die Orthodoxie die russische Kultur maßgeblich geprägt hat. Das aber ist empirisch nicht ernsthaft zu bezweifeln. Was wiederum die Gegenüberstellung von Ost und West angeht, so überrascht, wie hier ein Bild von dem Westen präsentiert wird, der vermeintlich Staat und Kirche sauber voneinander trennt. Das klingt, als gäbe es keine staatskirchlichen Traditionen in Skandinavien und Großbritannien. Dass der französische Laizismus gegen die römischkatholische Kirche erkämpft wurde und im Vatikan-Staat religiöse Autorität und weltliche Macht in eins fallen, müsste dann der Logik von Facius entsprechend dazu führen, auch die römisch-katholische Kirche als nicht-westlich anzusehen. Und auch mit Blick auf Facius' Ablehnung der unwestlichen«engen Verbindung von Nation und Religion» fragt man sich, ob denn die stark national-religiösen Identitäten beispielsweise in Polen oder Irland nicht zum Westen gehören. Dass die Russische Kirche und Russland hier noch einmal als vormodern erscheinen, weil sie nicht zur Trennung von Staat und Kirche gefunden hätten, überrascht weniger. Diese Einschätzung liegt auf der Linie des ganzen Artikels. Freilich würde ein differenzierter Vergleich von Russland und Deutschland zeigen, dass Russland in einigen Bereichen deutlich laizistischer ist als Deutschland. So sind Kirchen in Russland keine Körperschaften des öffentlichen Rechts, es gibt keine Kirchensteuer und keinen staatlich garantierten Religionsunterricht. Ob bzw. für wen dies vorteilhaft ist und ob damit die politischen Freiheiten und Menschenrechte besser zur Geltung gebracht werden können - das sind andere Fragen, denen differenziert nachzugehen lohnend wäre.

Staat und Kirche - wer beherrscht wen?

Die vermeintlich fehlende Trennung von Staat und Kirche ist ein ständig wiederkehrender Vorwurf in Richtung Russland. Einig sind sich die deutschsprachigen Medien aber nicht darin, wer denn nun wen beherrscht. Ist die Kirche abhängig vom Staat - oder lenkt die Kirche die Politik? Skurril wird es, wenn ein und dieselbe Person sowohl die eine, als auch die andere These aufstellt und als Vorwurf formuliert. So Elke Windisch, die im Berliner «Tagesspiegel» über Russland berichtet. Wiederum erscheint dabei die Russische Kirche als vormodern im negativen Sinne. In «Orthodoxe Fundamentalisten in Russland auf dem Vormarsch» («Tagesspiegel», 18. 6. 2007) schreibt Windisch (fälschlicherweise im Plural) von den Bischöfen (statt von einem Bischof) «der Eismeer-Halbinsel Tschukotka», die an Patriarch Alexij II. «Forderungen [...] wie aus einem Katalog aus finstersten Zeiten der Inquisition» geschickt hätten. Nur am Rande sei erwähnt, dass die «Inquisition» als negative Chiffre dient, ohne dass die zitierten Forderungen etwas mit der historischen Inquisition zu tun hätten. Vielmehr votiert dieser Bischof (Diomid [Dzjuban, *1961] von Anadir und Tschukotka) in seinem Brief für die Wiedereinführung einer Monarchie, ruft zum Kampf gegen «Alkoholismus und Drogenmissbrauch» auf und zur Ablehnung von «Impfungen, Abtreibungen und Homosexualität». Inwiefern welche der Inhalte des Briefes fundamentalistisch sind - Fundamentalismus dient hier als negative Chiffre, bestätigt Vorurteile und lenkt die Erwartungshaltung der Leserinnen und Leser, ohne ihnen ein tieferes Verständnis der Situation zu verschaffen -und ob wirklich «Fundamentalisten in Russland auf dem Vormarsch» sind oder sich nur eine kleine, aber laute Minderheit innerhalb der Kirche mal wieder zu Worte meldet, wird nicht erörtert.

Interessanter in unserem Zusammenhang aber ist die Erklärung, die Elke Windisch für den Konflikt innerhalb der Russischen Kirche gibt: «Massiv unter Druck der Fundamentalisten» komme der Patriarch wegen «Projekten, die er weniger aus eigener Einsicht betreibt, sondern eher, weil der Kreml ihn drängt». Genannt werden dann die Annäherung an den Vatikan und die mittlerweile erfolgte Wiedervereinigung mit der Auslandskirche. Über die Auslandskirche schreibt Windisch (fälschlicherweise und im unsachlichen Stil, aber in Übereinstimmung mit ihren Vorurteilen), dass diese «erheblich tolerantere Positionen als die Kirchenväter in Moskau» vertrete. Ihr scheint nicht bekannt zu sein, dass die Russische Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats seit 1961 Mitglied im Ökumenischen Rat der Kirchen ist und dass gerade ihre Mitarbeit in ökumenischen Gremien für die angeblich liberale Auslandskirche eines der Haupthindernisse auf dem Weg zur Wiedervereinigung der getrennten russischen Kirchen war. Möglicherweise liegt dieses Fehlurteil in der Meinung begründet, eine russische Auslandskirche mit regionalem Schwerpunkt in Nordamerika und Westeuropa müsse einfach fortschrittlicher sein, da sie ja in den modernen Regionen der Welt beheimatet sei.

Erscheint hier die Russische Kirche negativ als eine Kirche, die unterwürfig den Anweisungen aus dem Kreml nachkommt, so verwundert ein Blick in einen anderen Artikel derselben Autorin. In «Darüber spricht ganz Russland» («Tagesspiegel», 11. 2. 2007) berichtet Elke Windisch von einem Prozess in St. Petersburg, in dem die Schülerin Maria Schreiber gegen die Evolutionslehre im Fach Biologie geklagt hatte, weil diese ihre religiösen Gefühle verletze. Zuerst habe, so Windisch, die demokratische Öffentlichkeit belustigt reagiert. Doch nachdem sich Patriarch Alexij II. in dieser Angelegenheit zu Wort gemeldet habe, «blieb den Spöttern das Lachen in der Kehle stecken». Windisch malt dann in einer Terminologie, die an die polemische Sprache der real-existierend-sozialistischen Presse erinnert, das (Zerr-)Bild einer orthodoxen Kirche, die Staat und Justiz kontrolliere und vor der sogar Präsident Putin Angst habe: «Nicht nur die Familie Schreiber, sondern auch die Öffentlichkeit vermuten nun, dass das Gericht sämtliche Biologielehrbücher einstampfen lassen wird. Denn Seiner Heiligkeit wagt nicht einmal Wladimir Putin öffentlich zu widersprechen. [...] De jure sind auch in Russland Staat und Kirchegetrennt. De facto mischen die Popen sich immer unverfrorener in Bildung und Erziehung ein.» Der Artikel endet mit den Worten: «Auch der Sieger im <Affenprozess> steht daher schon fest.»

Das Klischee einer fundamentalistischen Kirche trifft hier auf das Vorurteil, dass Russland keine auch nur annähernd unabhängige Justiz haben könne. Gut eine Woche nach dem Erscheinen dieses Artikels wurde die Klage Maria Schreibers vom Gericht übrigens abgewiesen. Darüber berichtete aber weder der Tagesspiegel noch der «Stern», in dem Friedemann Kohler unter der Überschrift «Orthodoxe Attacke auf Darwin» am 5. Februar 2007 ebenfalls über den vermeintlich skandalösen Prozess berichtet hatte.

Wird die fehlende Trennung von Staat und Kirche in Russland kritisiert, so kommt zumeist der Vorwurf hinzu, die Kirche lasse sich politisch instrumentalisieren. Dabei überlappen sich häufig die negativen Stereotype über die Russische Kirche mit denen über die russische Politik. Passen Ereignisse nicht ins Bild, so werden sie passend gemacht. Ein Beispiel dafür ist die Berichterstattung von Monika Kemen über den Moskauer Gipfel der Führer der Weltreligionen in der Sendung «Tag für Tag» im Deutschland-Funk (10. 7. 2006). Darin hieß es: «Was veranlasste wohl den russisch-orthodoxen Patriarchen Aleksij II., im Vorfeld des Petersburger G8 Gipfels mehr als 200 hochrangige Vertreter der großen Weltreligionen nach Moskau einzuladen? Bei der Staatsnähe des Moskauer Patriarchats lag der Verdacht nahe, dass es sich um eine rein politisch motivierte Schaufensterveranstaltung handeln könnte. [...] Zweifellos passte Aleksijs Initiative dem Kreml gut ins Konzept. Der russische Staatspräsident Wladimir Putin ließ es sich denn auch nicht nehmen, auf dem Gipfel der Weltreligionen zu erscheinen.»

Anscheinend passt ein interreligiöser Gipfel nicht ins Bild einer rückständigen, dialogfeindlichen und ultrakonservativen Kirche, die sich, so Jan Feddersen, «allen freiheitlichen Impulsen stets widersetzt» habe («Wer mahnt, verliert», in: TAZ, 26. 3. 2007). Deshalb sucht Monika Kemens in ihrem Radiobeitrag eine Erklärung, die dem eigenen Weltbild entspricht. In diesem Falle ist es die Erklärung (die zudem auf das Stereotyp von der Staatskirche zurückgreifen kann), es handele sich um eine «rein politisch motivierte Schaufensterveranstaltung». Der abwertende Begriff «Schaufensterveranstaltung» diskreditiert dann von vornherein die gesamte Veranstaltung. Der Besuch Putins wiederum wird nicht etwa als positiv gewürdigt, wie es vermutlich der Fall gewesen wäre, würde der deutsche Bundespräsident oder die Kanzlerin bei einer ähnlichen Veranstaltung in Deutschland erscheinen, sondern als Beleg für die Instrumentalisierung von Religion für politische Zwecke.

«Saudi-Russland» und «Russowahhabismus»

In der sprachlich extremsten Form begegnet ist mir der pauschale Vorwurf an die Russische Kirche, staatskirchlich-fundamentalistisch zu sein, in einem Radiobeitrag von Heinz Gstrein für die Sendung «Tag für Tag» im Deutschland-Funk (5. 4. 2007; eine leicht veränderte Version des Textes mit dem Titel «Orthodoxe Eiferer. Ein Saudi- statt Sowjetrussland» findet sich unter dem Datum 12. April 2007 auf der Internet-Seite von Jesus.ch). Darin ist von «Saudi-Russland» und dem «Russowahhabismus» die Rede, wobei nicht ganz klar ist, ob dies Zitate sind oder die Wortwahl von Gstrein selbst stammt. Die Begriffe, die auf die Staatsreligion des Königreichs Saudi-Arabien anspielen, fallen hier in einem Artikel über das Sacharow-Museum in Moskau. Dieses Museum war und ist Angriffen orthodoxer Fanatiker ausgesetzt, welche die vermeintlich blasphemischen Kunstausstellungen verhindern wollen. 2003 wurde die Ausstellung «Vorsicht, Religion!» verwüstet, die Randalierer allerdings vom Gericht freigesprochen, während der Museumsdirektor Jurij Samodurov zu einer Geldstrafe verurteilt wurde. Vor diesem Hintergrund sind seine Verbitterung und seine Einschätzung gut zu verstehen, in «Moskau sei man auf dem schlechtesten Weg, das einstige Sowjetrussland durch ein Saudi-Russland zu ersetzen. Die Unduldsamkeit der heute wie der zu 80 Prozent gläubig orthodoxen Russen könne nur mit der der wahhabitischen Eiferer von Saudi-Arabien verglichen werden.» Von einem verantwortungsbewussten Journalisten aber, der keine antirussische und antiorthodoxe Polemik machen will, muss man eine Einordnung solcher Aussagen erwarten. Denn zum einen ist der Vergleich Russlands mit Saudi-Arabien sachlich vollkommen unangemessen: In Saudi-Arabien ist beispielsweise der Besitz einer Bibel verboten, und selbst in Privatwohnungen darf kein christlicher Gottesdienst gefeiert werden, während in Russland Religionsfreiheit gewährt wird. Zum anderen ist die Begrifflichkeit deshalb überzogen, weil mit ihr im russischen Kontext auf die als Wahhabiten eingestuften islamistischen Terroristen aus Tschetschenien angespielt wird. Wer aber die Zerstörung einer Kunstausstellung sprachlich gleichsetzt mit terroristischen Aktionen wie dem Überfall auf die Schule Nr. 1 in Beslan oder das Moskauer Musical-Theater «Nord-Ost», bei denen viele hundert Menschen ums Leben kamen, der diskreditiert sich selbst.

Zuspitzen und skandalisieren - unvermeidlich in journalistischer Arbeit?

Unbestreitbar gibt es genügend Anlass, reaktionäre Trends in der Russischen Kirche aufzuspüren und darüber zu informieren. Unbestreitbar ist auch, dass es zu Fällen politischer Instrumentalisierungen der Orthodoxie kommt - und dass dies vielen Vertretern der Russischen Kirche zu gefallen scheint, solange damit die Stellung der Kirche gestärkt wird. Erschreckend ist aber, wie einseitig die westliche Berichterstattung im Großen und Ganzen ihre Themen auswählt, um damit ein vorgefasstes negatives Bild zu stärken. Was nicht in dieses Bild passt, wird ignoriert oder, wie gezeigt, durch eine entsprechende Interpretation zurechtgebogen. Nur in Ausnahmefällen werden solche journalistischen Interpretationen durch andere Journalisten kritisiert und problematisiert - so wenn es Sonja Margolina zu weit geht, dass Kerstin Holm sogar noch in der orthodoxen Lehre eine Affinität zur Korruption sehe und selbst in der umgekehrten Perspektive orthodoxer Ikonen einen Ausdruck der «Korruption der individualistischen Werte» erkenne (Rezension zu Kerstin Holms Buch «Das korrupte Imperium» in der Literaturbeilage der ZEIT vom 25. 9. 2003).

Sicherlich liegt ein Problem auch darin, dass es zur alltäglichen Berichterstattung gehört, zu vereinfachen und eher über Skandale und schlechte Neuigkeiten zu berichten als über gute Nachrichten und Alltäglichkeiten. Ein Artikel über «Orthodoxe Fundamentalisten in Russland auf dem Vormarsch» wird eben eher gelesen (und gedruckt!) als eine differenzierte Reportage über das alltägliche Leben in einer orthodoxen Pfarrei. Selten auch gibt eine Zeitung so viel Raum für die Berichterstattung über russische Orthodoxie wie der «Rheinische Merkur», in dem am 10. Mai 2007 Gerd Stricker ausführlich über die Wiedervereinigung der Russischen Kirche und der Auslandskirche berichten konnte. Und die Erfahrung, verzerrt dargestellt zu werden, machen nicht nur orthodoxe Christen, sondern auch Muslime - und letztlich sogar Buddhisten, wenn deren Religion in der deutschsprachigen Presse idealisiert und positiv überzeichnet wird.

Dabei ist es in den meisten Fällen vermutlich nicht einmal eine persönliche Abneigung gegen die russische Kirche, die zu der negativen Berichterstattung über die Orthodoxie führt. Eher reproduzieren Journalisten nicht-hinterfragte Klischees und sind sich nicht einmal dessen bewusst, dass eine bestimmte Ausdrucksweise als verletzend empfunden werden kann. Auch dies gilt in ähnlicher Weise für andere Religionen. So hat Kai Hafez, Kommunikationswissenschaftler an der Universität Erfurt, die Darstellung des Islam in ARD und ZDF untersucht. Im Interview mit der Wochenzeitung DIE ZEIT (21. 6. 2007, S.37) sagt er: «Positiv stachen vor allem Dokumentationen und Reportagen heraus. Wenn Journalisten aus den Redaktionsstuben herauskommen, sich vom Nachrichtenticker lösen und selbst ins Feld gehen, bekommen sie einen ganz anderen thematischen Zugang zum Islam.»

Gleiches könnte sicherlich für die Berichterstattung über die Orthodoxie gelten - wenn nicht die Vorurteile so stark sind, dass beim Gang ins Feld dann doch wieder nur das gesehen und bestätigt gefunden wird, was die Beobachtenden ohnehin schon zu wissen meinten.

Joachim Willems, Dr.theol., Berlin. Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Praktische Theologie der Humboldt-Universität Berlin.

Erstmals erschienen in: G2W 3/2008, S,24.27

Quelle: Портал Богослов.Ru

Nach oben

Erstes orthodoxes Religionsschulbuch in Österreich präsentiert

29. September 2009

Metropolit Staikos: "Bibel in kurzen Erzählungen" ist "Zeugnis des Lebens und des Glaubens der Orthodoxie in Österreich" - Sturm: "Gesamtökumenisches Ereignis"

Wien (KAP) Alle Beteiligten waren sich einig: es war ein besonderes ökumenisches Ereignis, als am Montag, 28. September, das erste deutschsprachige orthodoxe Schulbuch in Österreich präsentiert wurde. Das im Auftrag des Orthodoxen Schulamtes von der Österreichischen Bibelgesellschaft herausgegebene Schulbuch "Bibel in kurzen Erzählungen" richtet sich insbesondere an orthodoxe Volksschulkinder und möchte ihnen einen leicht verständlichen und zugleich bunt illustrierten Zugang zu den Texten der Heiligen Schrift bieten.

Nachdem im Vorjahr der neue Lehrplan für den orthodoxen Religionsunterricht an Volksschulen erlassen wurde, stellt das heute präsentierte Buch einen konsequenten weiteren Schritt dar, betonte der griechisch-orthodoxe Metropolit Michael Staikos im Gespräch mit "Kathpress". Zugleich sei es Ausdruck auch der guten innerorthodoxen Zusammenarbeit. So trägt das Schulbuch im Geleitwort die Unterschriften aller großen orthodoxen Kirchen in Österreich: des griechisch-orthodoxen Metropoliten Staikos, des Administrators der russisch-orthodoxen Diözese von Wien und Österreich, Bischof Mark (Golowkow), des serbisch-orthodoxen Bischofs Konstantin (Djokic), des Metropoliten der rumänisch-orthodoxen Diözese, Serafim (Joanta), sowie des Vikarbischofs der bulgarisch-orthodoxen Diözese, Tichon (Ivanov).

Das Buch enthält die wichtigsten biblischen Texte des Alten und Neuen Testaments in vereinfachter Sprache. Die Illustrationen stammen von der Künstlerin Martha Kapetanakou-Xynopoulou und greifen bewusst die Bildtradition der Ikonen auf. Im Anhang des Buches finden sich zentrale Gebete der orthodoxen Kirche, aber auch Informationen zu den wichtigsten Festen und der orthodoxen Liturgie.

Staikos: Zeugnis des orthodoxen Glaubens

Staikos würdigte das Schulbuch als "ein Zeugnis des Lebens und des Glaubens der Orthodoxie in Österreich" und zugleich als "ein Zeichen der Integration des orthodoxen Glaubens in Österreich bei gleichzeitiger Wahrung seiner Identität". Er zeigte sich außerdem zuversichtlich, dass das Buch als erstes deutschsprachiges orthodoxes Schulbuch auch in Deutschland sowie in der deutschsprachigen Schweiz Verwendung finden werde.

In seinem Festvortrag unterstrich Metropolit Staikos die Bedeutung der Heiligen Schrift für die Orthodoxie. Sie sei "Fundament und Ausgangspunkt jeder Theologie". Daher sei orthodoxer Glaube "immer biblischer Glaube". In ihrem biblischen Fundament unterscheide sich die Orthodoxie jedoch von der Konzeption einer von der Tradition losgelösten "sola scriptura", was für die protestantische Theologie prägend war. Vielmehr bilde das Schriftzeugnis und die Tradition in der Orthodoxie "eine untrennbare Einheit", ebenso wie auch das Alte und das Neue Testament in der Orthodoxie stets als Einheit der einen Offenbarung gelesen werden, so Staikos.

Die "Kontinuität der Tradition" stellt laut Staikos den Grund dafür dar, dass die orthodoxe Kirche ein "lebendiger und wachsender Organismus" sei. Es sei jedoch zugleich auch diese "ganzheitliche Dimension", die er im Blick auf den ökumenischen Dialog hin und wieder vermisse, so Staikos weiter. Einer Ökumene, die allein auf theologischen Diskurs- und Einigungspapieren basiere, die jedoch an der Basis weder rezipiert noch umgesetzt würden, drohe letztlich die Kraftlosigkeit.

Dura: "Kompass für christliche Werte"

Als einen "Kompass für die Vermittlung christlicher Werte" bezeichnete der rumänisch-orthodoxe Bischofsvikar Nicolae Dura die "Bibel in kurzen Erzählungen". Die enthaltenen Texte stellen "ausgewählte Blumen aus dem Garten der Heiligen Schrift" dar, so Dura. Sie werden ergänzt durch die gerade für den Religionsunterricht praktische Sammlung von orthodoxen Grundgebeten.

Sturm: "Gesamtökumenisches Ereignis"

Der evangelische Altbischof und Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), Herwig Sturm, bezeichnete die Präsentation des Buches als ein "gesamtökumenisches Ereignis" und einen "wichtigen Baustein" im europäischen Integrationsprozess, der auch die orthodoxen Kirchen betrifft.

In seinem Grußwort verwies Sturm insbesondere auf das "einzigartige Projekt" der in gemeinsamer Trägerschaft von evangelischer, orthodoxer, orientalisch-orthodoxer, altkatholischer und katholischer Kirche stehenden Religionslehrerausbildung an der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems. Dies sei ein weiteres Zeichen gelingender Ökumene in Österreich.

Die Rektorin der Katholisch Pädagogischen Hochschule Wien/Krems, Prof. Ulrike Greiner, wies auf die Parallelität von Ökumene und internationaler Forschung hin. Wie in der Ökumene, so gelte auch in der Forschung, dass Universitäten nur bestehen können, wenn sie sich als "offene Institutionen" präsentieren, Netzwerke bilden und "Partnerschaften mit Handschlagqualität" eingehen - ein Prinzip, auf dem auch ökumenische Begegnung basieren.

http://www.kathweb.at

Quelle: Портал Богослов.Ru

Nach oben

Kosmologie und Schöpfung: die orthodoxe Perspektive

18. Dezember 2008

Kiryanov, Dimitry, Priester

Kann man heutzutage ein gläubiger Christ sein und gleichzeitig neue wissenschaftliche Entdeckungen akzeptieren? Diese Frage zu beantworten versucht Dimitrij Kirjanow, Lehrer des Geistlichen Seminars in der Stadt Tobolsk. Englische Version

Die Kosmologie als Wissenschaft von der Entstehung und Evolution der großräumigen Struktur des Universums begann ihre Entwicklung erst im 20. Jahrhundert. Vorher waren die kosmologischen Ansichten einzelner Wissenschaftler ausschließlich hypothetisch gewesen und hatten praktisch keine ernsthafte wissenschaftliche Basis. Da die christliche Weltanschauung bis ins 17. Jahrhundert in den Europäischen Ländern dominierend blieb, stützten sich die kosmologischen Konzepte in erste Linie auf die biblische Lehre über die Erschaffung der Welt durch Gott. Im 18. Jahrhundert begannen die Philosophen der Aufklärung jedoch, kosmologische Systeme zu erarbeiten, die sich von der biblischen Auffassung des Weltgebäudes radikal unterschieden. Im 19. Jahrhundert führte dies dazu, dass fast alle Wissenschaftler die Ewigkeit und Unveränderlichkeit des Universums anerkannten. In seinem Werk über die physikalische Kosmologie und die Unendlichkeit Gottes nahm I. Kant an, dass auch das Universum unendlich sei. Er schrieb: „Wenn es nun möglich war, daß Gott den Begriff der Unendlichkeit, der seinem Verstande auf einmal dastehet, in einer aufeinander folgenden Reihe wirklich machen kann, warum sollte derselbe nicht den Begriff einer anderen Unendlichkeit in einem, dem Raume nach, verbundenen Zusammenhange darstellen und dadurch den Umfang der Welt ohne Grenzen machen können?"[1] Aus der Vorstellung von der Unendlichkeit des Universums leitete Kant ein streng mechanisches Model der physikalischen Realität ab. Obwohl Kant sich selbst als Theisten bezeichnete, rief er den Agnostizismus des 18. und 19. Jahrhunderts ins Leben. Die Wissenschaft des 19. Jahrhunderts, die versuchte, sich auf materialistische und positivistische Weltanschauungsprämissen zu stützen, stand ebenfalls im krassen Widerspruch zur christlichen Weltsicht. Den Anfang der Kosmologie als seriöses wissenschaftliches Forschungsgebiet machte 1915 Albert Einstein mit der Schaffung der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART). Im Jahre 1929 folgte dann die bahnbrechende Entdeckung der Rotverschiebung durch E. Hubble, die zum Hauptindiz für die Ausdehnung des Universums und des nicht-stationären Modells von Friedmann[2]/Lemaître[3] wurde. 1922 schlug Friedmann eine Lösung vor, die  besagte, dass das Universum sich gegenwärtig ausbreite und es folglich in ferner Vergangenheit ein minimales Volumen mit unendlich großer Materiedichte gehabt habe. Es muss angemerkt werden, dass diese Entdeckung für Friedmann selbst nicht nur eine wissenschaftliche, sondern auch eine metaphysische Bedeutung hatte, denn er wählte als Epigraph seines Buches „Die Welt als Raum und Zeit" die Worte aus dem Buch der Weisheit: „Du hast alles nach Maß und Zahl erschaffen"[4]. Heutzutage können nur die professionellen Wissenschaftshistoriker sich daran erinnern, welch heftige Diskussionen diese Entdeckung auslöste. In einem Gespräch mit Lemaître sagte ihm Einstein: „Ihre Berechnungen sind korrekt, aber ihr Verständnis der Physik ist abscheulich"[5].

Heutzutage wird die Urknall-Theorie von der überwiegenden Mehrheit der Wissenschaftler akzeptiert. In den Augen der wissenschaftlichen Gemeinschaft wurde der Boden der Urknall-Kosmologie durch zwei wichtige Entdeckungen verstärkt. 1965 wurde die kosmische Hintergrundstrahlung entdeckt. Die Homogenität und die sehr niedrige Temperatur der Strahlung wurden als Reste des „primären Ausbruches" des Universums interpretiert. 1992 wurden durch den die Hintergrundstrahlung erforschenden COBE-Satelliten kleine Irregularitäten entdeckt, die, laut Theorie, die Entstehung von Galaxien und Sternen im ursprünglich homogenen Universum erklären[6]. Diese Ergebnisse wurden 2003 dank präziserer Beobachtungen mit Hilfe des WMAP-Satelliten gewonnen[7].

Die meisten Physiker betrachten den Urknall als eine Singularität, also eine ultimative Grenze bzw. einen Rand, „einen Zustand der unendlichen Dichte", in dem Raum und Zeit als Kategorien nicht mehr existieren. So stelle der Urknall die äußerste Grenze dessen dar, was wir über das Universum wissen können. Während alle physikalischen Theorien im Kontext von Raum und Zeit formuliert sind, wäre es - zumindest naturwissenschaftlich - unmöglich, über Phänomene nachzudenken, die außerhalb dieser Kategorien existieren könnten. Selbst die Existenz der Singularität wird von den Kosmologen als Bestätigung der Unvollständigkeit der Urknall-Kosmologie angesehen. Diese regt sie an, solche Varianten der theoretischen Konzepte zu suchen, die es ihnen ermöglichen, die unmittelbar auf den Urknall folgenden Ereignisse adäquat zu beschreiben.

Die Kosmologen meinen, dass die traditionelle Urknall-Kosmologie mit dem Konzept der Singularität einige Schwierigkeiten hat. Diese Überzeugung speist sich daraus, dass die Gleichungen der Allgemeinen Relativität die Quantennatur der Wirklichkeit nicht berücksichtigen. Also geht die Suche nach einer „Theorie von Allem" eben in Richtung der Entwicklung einer adäquaten Theorie der Quantengravitation[8]. Der Zweck dieser theoretischen Modelle ist, den Zustand des Universums im Alter von ca. 10-43 Sekunden zu beschreiben. Bis zu diesem Moment der Zeit (auch als „Planckscher Moment" bezeichnet) ist die Kraft der Gravitationswechselwirkung mit der einer starken nuklearen Wechselwirkung vergleichbar. Unter solchen Bedingungen sollen Quantengravitationseffekte eine wesentliche Rolle spielen. Es wird vermutet, dass die Quantengravitationsprozesse die frühesten Zeiten dominiert haben, die dem Inflationsstadium vorhergegangen sein müssen.

Die von vielen Kosmologen geteilte Überzeugung, dass die Kosmologie den Beginn des Universums beobachten könne, ruft diverse Spekulationen über diesen primären Zustand des Universums hervor. Die unterschiedlichen Versuche, eine Quantenkosmologie zu erarbeiten, beruhen auf einigen spezifischen Aspekten der Quantentheorie, die verbunden sind mit 1.) der Idee der Wellenfunktion des Universums, 2.) dem Konzept der multidimensionalen Raum-Zeit (die Theorie der Superstrings), 3.) der Schleifenquantengravitation (loop quantum gravity).

Die gegenwärtigen Kosmologen geben die Versuche nicht auf, ein solches Konzept zu entwerfen, das den Beginn des Universums nicht nur nicht ausklammern, sondern auch ohne den Einfluss eines übernatürlichen Prinzips auskommen würde.

1983 nahmen James Hartle[9] und Stephen Hawking an, dass die Funktion der kosmischen Wellen auf das ganze Universum angewendet werden kann, analog zur Anwendung der Wellenfunktion der Quantenmechanik auf die Elementarteilchen[10]. „Laut dieser Methode wird der normale Unterschied zwischen der Zukunft und der Vergangenheit ganz am Anfang des Universums zerstört, und die Richtung der Zeit erwirbt die Eigenschaften der räumlichen Dimension. So wie es keine Raumgrenze gibt, ist auch der Beginn der Zeit unbestimmbar."[11] Die Bezugnahme auf die ursprüngliche Singularität ist für Hawking die Anerkennung einer Niederlage: „Falls die Gesetze der Physik am Anfang des Universums verletzt werden können, wieso dürfen sie nicht irgendwo anders verletzt werden?". Die Ankerkennung der Singularität bedeutet, nach Hawkings Meinung, die Verneinung der universellen Vorhersagbarkeit der Physik und, folglich und letztendlich, die Entkräftung der Kompetenz der Wissenschaft zum Verständnis des Universums. Die Kombination der Quantenmechanik und der Allgemeinen Relativitätstheorie führe zu der Möglichkeit, dass Raum und Zeit zusammen einen endlichen, vierdimensionalen Raum ohne Singularitäten oder Grenzen bilden können, der der Erdoberfläche ähnele, jedoch mehr Dimensionen habe. Nach Hawkings gäbe es in einem solchen Model des Universums „keine Singularitäten, in denen die Physikgesetze nicht wirkten, und es gäbe keine Raum-Zeit-Grenze, bei der es nötig würde, sich auf Gott oder ein anderes Gesetz zu beziehen, um die Grenzbedingungen für die Raum-Zeit zu setzen" [12]. Etwas später fügte er hinzu: „Solange wir glauben, dass das Universum einen Beginn hat, könnten wir vermuten, dass es einen Schöpfer habe. Wenn das Universum aber wirklich völlig geschlossen ist und weder eine Grenze noch einen Rand hat, müsste es weder einen Beginn noch ein Ende haben: es bräuchte bloß zu existieren. Bleibt dann noch Platz für einen Schöpfer?"[13]

John Barrow[14], ein anderer Kosmologe, merkte bezüglich des Hawking-Modells an, dass die grenzlose Quantenkosmologie äußerst attraktiv sei, da sie die Notwendigkeit des Ursprunges vermeide. Barrow postuliert, dass das traditionelle Bild des Urknalls mit seiner anfänglichen unendlich dichten Singularität, „streng gesprochen (...) die Erschaffung aus dem absoluten Nichts ist"[15].

Der Kosmologe Alexander Vilenkin[16] hat ein Konzept der Entstehung des Universums durch quantum tunneling aus dem Nichts vorgeschlagen. So ähnlich, wie die Paare der virtuellen Teilchen entstehen, komme das ganze Universum - zusammen mit der Materie, der Energie, Raum und Zeit und allem - aus dem Nichts zum Sein dank einer gigantischen Quantenfluktuation. Für Vilenkin bedeutet „Nichts" ein „Zustand mit der nicht-klassischen Raum-Zeit, (...) ein Raum der unbeschränkten Quantengravitation, das ist ein ziemlich skurriler Zustand, in welchem alle unsere Begriffe für Raum, Zeit, Energie, Entropie usw. ihre Bedeutung verlieren"[17]. A.Vilenkin und A.Guth[18] extrapolieren die Grundlagen ihrer Variationen der Urknall-Theorie aus der Physik der Hochenergien. Vier fundamentale Wechselwirkungen (starke, schwache, gravitative und elektromagnetische) und elementare subatomare Teilchen (Leptonen und Quarks) sind die „Niedertemperaturphänomene". Bei Temperaturen von ca. 1032 К, die zur Zeit des Urknalls existierten, haben die subatomaren Teilchen noch keine charakteristischen Eigenschaften gehabt. So sollten alle Naturkräfte als eine einzige Wechselwirkung betrachtet werden. Das „Inflationsmodel" besagt, dass zum Zeitpunkt, als das Universum ca. 10-35 sec alt war, eine ultraschnelle Kühlung stattgefunden habe, die eine riesige Menge Energie freigesetzt und einen Teil davon in Materie kondensiert habe. Die von Guth und Vilenkin vorgeschlagene Erklärung des „Inflationären Universums" postuliert folgende Chronologie: erst der ursprüngliche Urknall, eine „Quantenfluktuation aus nichts"; dann eine kurze Phase „der raschen exponentiellen Erweiterung", wobei sich die Energie, die sich während dieser sehr schnellen Erweiterung angesammelt hätte, in Materie und Strahlung verwandelt haben müsste. Es sollte angemerkt werden, dass das Inflationsstadium des frühen Universums das Problem der Entstehung der gegenwärtigen großmaßstäblichen Struktur des beobachtbaren Teils der Raumzeit und ihres Mikrowellen-Hintergrunds gut erklärt[19]. Das Konzept der Inflation hat es ermöglicht, eine Reihe von Problemen der Standardkosmologie von Friedmann/Lemaître zu lösen. Allerdings bedarf das Inflationsmodell selbst ziemlich spezifischer Bedingungen, um zu entstehen. Wie Vilenkin schreibt, ist „der Ursprung der primären Fluktuationen eins der wichtigsten ungelösten kosmologischen Probleme"[20]. In einer anderen Arbeit merkte er an, dass „die Natur des primären Zustandes sehr spekulativ ist, sogar im Bezug auf die kosmologischen Standards"[21].

Die weitere Entwicklung der Theorie führte zum Konzept einer Vielzahl von Universen. A Linde[22], der sich auf die Werke von Guth und Vilenkin stützte, entwickelte das Modell der „chaotischen Inflation", das, seiner Meinung nach, selbst die Existenz des Urknalls erklären solle. „Das Universum kann als chaotischer Schaum aus kausal unverbundenen Blasen behandelt werden, in denen die Primärbedingungen unterschiedlich sind, und die in unterschiedlichen Arten von Universen evolvieren. Nur eine der Blasen sollte zu unserem Universum werden, und wir werden nie irgendwelche Information über die anderen Universen bekommen können"[23]. Linde sieht in der Suche einer „primären Blase" keinen Sinn, denn jede Blase verdanke ihre Geburt einer anderen Blase. So merkt M. Roos an: „Also haben wir das Glück, in einem Universum zu leben, das ein winziger Teil des sich aufblähenden Meta-Universums eines stabilen Zustandes ist, das kein Ende und, folglich, keinen Anfang hat. Es besteht einfach kein Bedarf, die Frage über die erste Inflation zu behandeln, und die Singularität verschwindet aus der Theorie, sobald die Zeit gleich Null ist"[24]. Linde schreibt: „Dieser Vorgang, den ich als ewige Inflation bezeichnete, verwirklicht sich als eine Kettenreaktion, die fraktal-ähnliche Muster von Universen generiert. In diesem Szenario ist das Universum als Ganzes unsterblich. Jeder einzelne Teil des Universums kann in der Vergangenheit aus einer Singularität entstanden sein, und kann irgendwann in der Zukunft in einer Singularität verschwinden. Allerdings bedeutet dies nicht das Ende der Evolution des Universums. Die volle Menge der Inflationsblasen wächst auf unserem `kosmischen Baum´ exponentiell in der Zeit. Folglich wachsen die meisten Blasen (einschließlich unseres eigenen Teils des Universums) völlig unabhängig von den Wurzeln dieses Baums. Obwohl dieses Szenario die Existenz des Urknalls fast unrealistisch macht, kann aus praktischen Gründen der Moment der Entstehung jeder Inflationsblase als ein neuer Urknall angesehen werden. In dieser Perspektive ist die Inflation kein Bestandteil der Urknalltheorie, wie wir es vor 15 Jahren geglaubt haben. Im Gegenteil, der Urknall ist Teil des Inflationsmodells"[25].

Es muss angemerkt werden, dass das (mit dem Modell der chaotischen Inflation verbundene) Multiuniversum-Konzept ziemlich umstritten ist. So schreibt zum Beispiel P.Vaas[26]: „In der Perspektive der physikalischen Einfachheit, Epistemologie und Wissenschaftsphilosophie ist es erwünscht, bei der Suche nach der Erklärung die Einzigartigkeit des Universums möglichst zu beachten. Das bedeutet einen Versuch, die `Theorie von Allem´ aufzubauen, die eine einzelne und in sich schlüssige Lösung ist, die unser Universum darstellt (oder vorhersagt). Sicherlich kann immer behauptet werden, dass andere, kausal streng getrennte Universen existieren, aber sie haben generell keine explikative Kraft, und die Behauptung ihrer Existenz kann nicht durch irgendeinen wissenschaftlichen Nutzen motiviert sein"[27].

Das Universum, so wie es von Hawking, Vilenkin, Linde und anderen beschrieben wird - diese Frucht der modernen Kosmologie - ist ein aus sich selbst existierendes Universum, das ausschließlich in den Begriffen physikalischer Gesetze verstanden werden kann und impliziert, dass es nicht durch eine transzendente Kraft entstanden ist. Allerdings sollte noch erwähnt werden, dass selbst die Entstehung der neuen kosmologischen Konzepte, die versuchen, auf die „primäre Singularität" zu verzichten, größtenteils  durch die Bestrebung motiviert wurden, sich von jeglichem Hinweis auf teleologische und, um so mehr, theologische Reflexionen über das Weltgebäude zu distanzieren.

Was können wir aus diesen skurril klingenden Theorien herausholen? Stehen wir tatsächlich vor einer wissenschaftlichen Erklärung des absoluten Beginns des Universums? Wissenschaftlich gesehen sind diese Theorien vor allem sehr spekulativ und umstritten. Ihre Grundlagen sind sehr problematisch, denn es gibt bis jetzt keine ausreichend begründete Theorie der Quantengravitation.

Chris Isham[28], der über die philosophischen Ideen der Kosmologie forscht, schrieb: "Die konzeptuellen Probleme der Quantenkosmologie sind dermaßen schwerwiegend, dass mehrere professionelle Physiker der Meinung sind, dass das ganze Programm der Quantenkosmologie völlig falsch sein kann"[29].

Isham widmet seine besondere Aufmerksamkeit der Tatsache, dass es bis jetzt nicht klar ist, wie eine Theorie der Quantengravitation aussehen und auf welche Daten sie sich stützen sollte. Seiner Meinung nach haben die meisten Schwierigkeiten der Quantentheorie der Gravitation ihren Ursprung darin, dass „die allgemeine Relativität nicht einfach die Theorie eines Gravitationsfeldes, sondern in gewissem Sinne auch eine Theorie der Raum-Zeit selbst ist. Folglich sollte die Theorie der Quantengravitation über die Quantennatur der Raum-Zeit etwas aussagen können". Ein konkretes Modell der Quantengravitation hängt in vielerlei Hinsicht von der Antwort auf die Frage ab, worin die Quantennatur der Raum-Zeit besteht und wie sie „aussehen" soll. In diesem Sinne bleibt die Quantenkosmologie ein rein spekulatives Forschungsgebiet, das den Status einer streng wissenschaftlichen Theorie kaum beanspruchen kann, da es den Kriterien von Veri- und Falsifizierbarkeit nicht entspricht. So schreibt K. Rovelli[30] in einer der Geschichte der Quantentheorie gewidmeten Arbeit: „Wo befinden wir uns also nun, nach 70 Jahren Forschung? Es existieren ziemlich weit entwickelte Probetheorien, u.a. jene über strings and loops, und auch einige andere attraktive Ideen. Dennoch gibt es weder Übereinstimmung noch eine allgemein akzeptierte Theorie noch eine Theorie, die wenigstens irgendeine direkte oder indirekte experimentelle Unterstützung bekommen hätte. Im Laufe von 70 Jahren sind viele Ideen entwickelt worden, die in und auch wieder aus der Mode kamen; ab und zu wurde die Entdeckung des Heiligen Grals angekündigt, später aber immer wieder verworfen"[31].

Sicherlich bedeutet dies nicht, dass die Wissenschaft darauf verzichten sollte, eine Theorie der Quantengravitation zu entwickeln. Doch solange es keine zuverlässigen experimentellen Daten zugunsten des einen oder anderen Forschungsprogramms der Quantengravitation gibt, wäre es kaum vernünftig, irgendwelche endgültigen weltanschaulichen Schlüsse zu ziehen.

Für einen Wissenschaftler ist es nur natürlich, den Wunsch zu haben, die Geschichte des Universums so nah wie möglich bis zu dessen Ursprung zu beschreiben. Aber ein echtes Problem entsteht, wenn gelehrte Kosmologen ihren Theorien eine philosophische bzw. ontologische Bedeutung zumessen oder so tun, als ob die Wissenschaft die einzige Methode zur Erkenntnis dieser Materie sei und Philosophie und Religion in diesen Fragen nicht hinreichend kompetent seien. So schreibt z.B. Stephen Hawking: „Die Menschen, die solche Fragen studieren und beurteilen sollen, sind Philosophen, die meist nicht über eine mathematische Ausbildung verfügen, die ausreichend wäre, mit der modernen Entwicklung der theoretischen Physik Schritt zu halten"[32]. Der Sinn dieses Satzes ist klar: nach Hawking müssten Philosophen auch Spezialisten für theoretische Physik sein, denn nur Physiker könnten die aufgeworfenen Fragen beantworten. Diese Haltung führt Physiker in zweierlei Versuchung. Die erste ist, sich vorzustellen, die Physik sei der einzige Weg zur Erkenntnis der Dinge. Akzeptierten wir die Behauptung von Hawking im buchstäblichen Sinne, wäre alles, womit wir zu tun haben, Physik. Kunst und Poesie, Philosophie und Theologie, Literatur und Geschichte - all das ließe sich auf Physik reduzieren. Auch wenn wir es nicht so weit treiben würden, wäre jegliche philosophische Kosmologie unmöglich.

Die zweite Versuchung ist subtiler. Was bedeuten uns die mathematischen Formeln und Konzepte, mit deren Hilfe Wissenschaftler versuchen, den Beginn des Universums zu erklären? Das ist eine philosophische Frage, die den Physiker nicht interessiert. Gleichzeitig ist es eine kritische Frage nach der philosophischen Sichtweise. Z.B. nutzt Hawking diverse mathematische Methoden, um das kosmologische Modell eines grenzenlosen Universums zu entwickeln. Das Problem des Übergangs von mathematischen Symbolen zum Universum hat sich mit der Entwicklung der Quantentheorie verschärft. Im letzten Jahrhundert ist die Physik immer mathematischer geworden, und bei der Beschreibung der Quantenkosmologie kommt diese Tendenz immer schärfer zum Ausdruck. Früher nutzte die Mathematik Messungen, um zu versuchen, zu irgendeinem Verständnis der Welt zu kommen. Jetzt aber zwingt uns die Mathematik zur Annahme einer bestimmten Vorstellung über das Universum.

Welcher Schluss folgt also aus dem Ganzen? Die auf ausführlichen mathematischen Konstrukten aufgebauten Quantenkosmologien, die bestimmte metaphysische Prämissen nutzen, dürfen nicht unkritisch angenommen werden. Die mathematischen Konstrukte der gelehrten Kosmologen dürfen nicht unmittelbar auf die Vorstellung dessen übertragen werden, was das Universum seinem Wesen nach sei. Das gesteht selbst Hawking. Er schreibt: „Falls das, was für real zu halten ist, von unserer Theorie abhängig ist, wie können wir dann die Realität zur Grundlage unserer Philosophie machen? Ich akzeptiere eine Ansicht, die arglos und naiv genannt wird, und zwar, dass eine physikalische Theorie nicht einfach ein mathematisches Modell ist, das wir zur Beschreibung der Beobachtungsergebnisse nutzen. Eine Theorie ist gut, wenn das Modell elegant ist, wenn es eine große Beobachtungsklasse beschreibt und die Ergebnisse neuer Beobachtungen vorhersagt. Im anderen Fall ist es sinnlos zu fragen, ob die Theorie der Realität entspricht..."[33].

Während dieses oder jenes Modell der Quantenkosmologie entwickelt wird, sollte nicht vergessen werden, dass eine kosmologische Theorie einen weiteren oder auch einen engeren Fragestellungsbereich abdecken kann. Bei der Entwicklung unserer Theorie wird die metaphysische Grundlage der Kosmologie mehr oder weniger bedeutsam in Abhängigkeit davon, wie anspruchsvoll die explikative Kraft dieser Theorie ist. Dabei ist die Erforschung der Ausbreitung des Universums und der Struktur der Entstehung des Lebens seit der Nukleosynthese bis heute wesentlich. Eine metaphysische Position, die sich auf diese Prinzipien stützt, ist minimal. Das Verständnis der physikalischen Prozesse zu Zeitpunkten, die der Epoche der Quantengravitation nah sind, ist weniger gut begründet. Hier wird die metaphysische Position bedeutsamer. Die Betrachtung der Ära der Quantengravitation ist höchst spekulativ, und die hier angenommene metaphysische Position ist entscheidend, denn es existieren keine experimentellen bzw. beobachtbaren Theorieeinschränkungen.

Es ist möglich, sich einer Erklärung des jetzigen Zustandes des Universums anzunähern, bei der die metaphysischen Prämissen der Erklärung sich ändern würden. Es gibt einige fundamentale Fragen, deren Beantwortung den Rahmen einer rein physikalischen Erklärung sprengen müsste. Wieso existieren überhaupt  physikalische Gesetze? Dies bezieht sich auf die ungelösten Fragen nach der Natur dieser physikalischen Gesetze: sind sie deskriptiv oder präskriptiv? Ist die Natur der materiellen Wirklichkeit in gewissem Sinne mathematisch, oder ist es nur so, dass ihr Verhalten mathematisch beschrieben werden kann? In welcher Form existiert überhaupt irgendetwas? Diese tiefe existentielle Frage ist ein Geheimnis, unabhängig von der Methode, die wir wählen. Wieso lässt das Universum die Existenz bewussten Lebens zu? Der Status all dieser Fragen ist philosophisch und metaphysisch, da sie rein wissenschaftlich nicht gelöst werden können. Es stellt sich also die berechtigte Frage, welche Metaphysik heranzuziehen ist, um die Wirklichkeit möglichst vollständig zu erklären. Was verspricht eine vollständigere Erklärung - der metaphysische Naturalismus oder die theistische Metaphysik? Zu Recht weist J. Polkinghorne[34] darauf hin, dass die trinitarische Metaphysik über eine größere Fähigkeit verfüge, ein ganzheitliches Verständnis der Wirklichkeit zu liefern, als der metaphysische Naturalismus.

Nähern wir uns den mit dem Ursprung des Universums verbundenen Schlüsselproblemen, stellt sich wiederum die Frage, ob die Wissenschaft über den Beginn des Universums in ihrer Sprache sprechen kann. Ist sie fähig, dieses Thema im Rahmen ihrer Methoden zu erfassen? R. Russell schreibt, es sei „t=0 ein Ereignis, das unmöglich wissenschaftlich zu beschreiben ist, (...) denn es existiert kein ‚vorhergehendes' Ereignis..."[35]. Ein etwaiges absolutes Nichts könne durch unsere Geräte weder ermessen noch beobachtet werden und falle folglich nicht in den Bereich wissenschaftlicher Fragen. „Was die ‚Erschaffung aus Nichts' und die Frage über den zeitlichen Beginn betrifft", schreibt W. Stoeger[36], „werden die moderne Kosmologie und die physikalische Wissenschaft (...) wahrscheinlich nie von selbst darauf kommen, dass diese Frage nur auf der Grundlage der Kosmologie studiert werden sollte, (...) sie sind nicht kompetent genug, um die riesige Lücke zwischen dem absoluten Nicht-Sein und etwas, was erschaffen ist, auszufüllen"[37].

Die Frage nach dem absoluten Nichts geht über den Rahmen der Wissenschaft hinaus und fällt in die Kompetenz der philosophischen und theologischen Kosmologie. Die philosophische Kosmologie beruht auf zwei Fakten, die in der Wissenschaft implizit angenommen werden. Der erste ist, dass das Universum existiert, und der zweite, dass es auf eine bestimmte Weise existiert. Wir leben in einem besonderen Typus von Universum. Selbst die Kosmologen bezeugen, dass unser Universum einzigartig ist, denn wenn nur einige der fundamentalen Parameter, die seine Eigenschaften bestimmten, anders wären, gäbe es im Universum nicht nur keine Lebewesen, sondern auch keine Galaxien und Sterne.

Um diesen einzigartigen Zustand des Universums zu erklären, ist es für uns notwendig, eine Wahl zwischen den möglichen unterschiedlichen Varianten der Quantenkosmologie zu treffen. Wie J. Ellis[38] zu Recht anmerkt, ist dies eine fundamentale Frage: Wieso hat das Universum gerade diese konkrete Form und keine andere, wie es nach den physikalischen Gesetzen ja durchaus möglich wäre?[39] Die Ursache, die die Wahl zwischen den unterschiedlichen und zufälligen Möglichkeiten des Universums bestimmt (wieso das eine existiert und die anderen nicht), kann wissenschaftlich nicht erforscht werden. Die von uns beobachtete Symmetrie und das feine Gleichgewicht bedürfen einer faszinierenden Koordination von Bedingungen und Wechselwirkungen, von Ursachen und Folgen, was impliziert, dass sie zielgerichtet geplant waren. D.h., sie liefern Beweise für eine Absicht, die sowohl im Satz der physikalischen Gesetze als auch in der Wahl der Grenzbedingungen des Universums aufscheint. Dies ist die Sichtweise, die die Grundlage der christlichen Theologie bildet. Im Gegenteil zu anderen Ansätzen impliziert sie, dass der Weltenbau mit all seinem Organisationsniveau Sinn ergibt. Die philosophische Kosmologie ist mit der theologischen Kosmologie unmittelbar verbunden. Die orthodoxe Theologie hat die Heilige Schrift und die Heilige Überlieferung als Quelle. Dabei legt die exegetische Tradition keineswegs einen eindeutigen Akzent darauf, dass das Hexaemeron[40] buchstäblich verstanden werden soll.

Im Gesamtkontext der Bibel ist die Erzählung über die Erschaffung der Welt und des Menschen eng verbunden mit der Offenbarung der Einzigkeit Gottes, der der Schöpfer des Himmels und der Erde ist. Diese Offenbarung ist der Mittelpunkt des gesamten Pentateuchs. Außerdem ist die Erschaffung der Welt das erste Werk Gottes, worin der Mensch die Fürsorge des Schöpfers für die Welt und den Menschen erkennt. Weiterhin bildet die Schöpfung auch ein Werk Gottes, in dem sich dem Menschen die Allmächtigkeit Gottes besonders machtvoll eröffnet. Eben deshalb spiegelt sich das Hexaemeron auch in den anderen Büchern wider: in Psalmen, im Buch Hiob, im Lied der drei jungen Männer [im Feuerofen von Babel][41], im Buch der Weisheit Salomos u.a. Die Schöpfung erlegt dem Menschen eine Verantwortung vor dem Schöpfer auf. Gott ist der Schöpfer der sichtbaren und der unsichtbaren Welt. „Für die Welt ist Gott der Ursprung", schreibt der Heilige Hierarch Gregor von Nyssa, „und die Grenze, die Quelle der Existenz und der Zweck aller Bestrebungen."[42]

Daraus, dass die Welt von Gott erschaffen ist, folgt, dass sie nicht ewig ist und einen Anfang hat. Erzpriester Wassilij Zenkovskij[43] merkte an, dass [die Rede vom] Geschaffensein der Welt  „die Behauptung ist, dass die Welt an sich selbst keine Wurzel hat, dass die Welt dank irgendeiner überweltlichen Kraft entstanden ist"[44].

Gott hat die Welt aus dem Nichts erschaffen. Gott, der zur Erschaffung der Welt keines ursprünglichen Materials bedarf, erschafft nicht nur die Form, sondern auch die Materie der Welt. „Er (Gott) dachte auch darüber nach, wie die Welt sein sollte, und erschuf die Materie, die der Form der Welt entspricht", schrieb der Heilige Hierarch Basilius der Große[45]. Der Heilige Johannes von Damaskus schrieb, dass die Welt von Gott nicht räumlich, sondern ihrem Wesen nach unendlich weit entfernt ist[46]. Dieser Unterschied im Wesen bedeutet die Absolutheit des Einen (Gottes) und die Bedingtheit des Anderen (der Welt). W.N. Lossky[47] schrieb (wobei er einen ontologischen Dualismus zwischen Gott und der Welt bestätigte), dass „die Erschaffung `aus Nichts´ eben den Akt bedeutet, der etwas außerhalb Gottes erschafft, die Erschaffung eines absoluten neuen Sujets, das weder durch die göttliche Natur noch durch irgendwelche Materie noch durch eine Möglichkeit irgendwelchen Seins außerhalb Gottes bedingt ist"[48]. Die Welt ist ganzheitlich, herrlich und harmonisch geschaffen. Am Ende jedes Tages der Schöpfung beschaute Gott das Geschaffene und sah, „dass es gut war" (Gen, 1.25). Der Heilige Hierarch Gregor von Nyssa schrieb: „Die Welt ist etwas Ganzheitliches, Wohlgebautes und Konkordantes"[49], und der Heilige Hierarch Basilius der Große bemerkte, indem er die besondere Liebe und Harmonie der Welt betonte: „Bei der ganzen Verschiedenartigkeit ihrer Zusammensetzung ist die Welt [doch] etwas Ganzheitliches, denn sie ist von Gott in einem unauflöslichen Bündnis der Liebe in Gemeinschaft und Harmonie verbunden"[50]. Die Schönheit und die Harmonie der Welt gehen auf die Teilhabe am schöpferischen Akt Gottes zurück: „Gott ist nicht nur der Grund der Welt, sondern auch ihr Zeichner."[51] Die Einheitlichkeit und die Harmonie der Welt sind die Grundlage ihrer Erkennbarkeit für den menschlichen Verstand und die Ursache allen wissenschaftlichen Wissens.

Die Welt existiert nach den von Gott aufgestellten Gesetzen. Wir können die Gesamtheit der Gesetze, die das Dasein der Welt bestimmen, als göttliches Konzept der Welt bezeichnen. Die Welt ist von Gott durch göttliche Ideen [logoi] erschaffen worden. Diese göttlichen Ideen, die „im Akt der Schöpfung das Leben der Schöpfung befruchten [und] von diesem Moment an von der Welt untrennbar sind... Die in der Welt [lebenden] Ideen stammen von Gott, aber in der Welt sind sie nicht Gott, noch machen sie die Welt zu Gott", sagte Erzpriester W. Zenkovskij, „sie verbleiben in der geschaffenen Welt, die in sich selbst keinen Schlüssel zum Verständnis dessen hat, wo die Ideen der Welt herstammen"[52].

Gott ist der Ursprung der Welt. Die Ursache der Entstehung der Welt verbirgt sich im Dasein Gottes und nicht in der Welt selbst. Die Welt kann nicht Ursache ihrer selbst sein. Johannes von Damaskus schreibt: „Der gütige und allgütige Gott hat sich nicht in der Kontemplation seiner selbst genügt, sondern wollte, wegen der Überfülle seiner Güte, dass etwas entstehe, was in Zukunft seine Wohltaten nutzen und seiner Güte teilhaftig sein könne"[53]. Dies war aber keine Notwendigkeit: „Die Erschaffung ist ein freiwilliger Akt... Für das Göttliche Wesen war sie durch keine innere Notwendigkeit bedingt."[54]

Die Herrlichkeit des Schöpfers und die Tatsache, dass seine Natur anders ist als die Natur dieser Welt, sind der wichtigste Bestandteil der Theologie der Genesis. „Die Natur des geschaffenen Seins ist anders als jene Gottes. Dieses Sein ist keine Emanation, also keine Manifestation bzw. Ausstrahlung der Gottheit, wie es im Pantheismus dargestellt wird. Das Göttliche Wesen wurde im Laufe der Erschaffung der Welt weder geteilt noch geändert: weder vermischte es sich mit dem Geschöpfe noch löste es sich in ihm auf."[55]

Indem der Heilige Autor von der Erschaffung der Welt erzählt, spricht er von Gott als einer Person. Nur eine Person kann die erschaffene Wirklichkeit einschätzen - mit den Worten „sehr gut"[56]. Heutzutage ist einer der Mittelpunkte der christlichen Glaubensverkündigung weniger der Fakt der Existenz Gottes als solcher, sondern vielmehr eben seine Existenz als Person. Ein ausschlaggebender Unterschied des Einen, transzendenten und persönlichen Gottes vom Menschen und der anthropomorphen Erzeugungen der menschlichen Spekulationen ist die Allmächtigkeit Gottes, über die der Hexaemeron so lebhaft berichtet. Nur durch ein Wort, durch eine Äußerung seines Willens, bringt er die ganze Großartigkeit der Welt ins Sein: „Denn er gebot, und sie waren geschaffen" (Ps. 148,5).

Der Heilige Hierarch Basilius der Große rief uns dazu auf, in der Schönheit und Pracht der Geschöpfe die Widerspiegelung der unendlichen Schönheit und Mächtigkeit des Schöpfers zu erkennen: „Mögen wir den allerbesten Zeichner preisen, der die Welt allweise und kunstreich erschaffen hat, und mögen wir aus der Schönheit des Sichtbaren den erkennen, dessen Schönheit über alle emporragt; mögen wir aus der Größe dieser sinnlichen und begrenzten Körper Kenntnis über den Unendlichen erlangen, der viel höher ist als jeder Große  und in der Mannigfaltigkeit seiner Kraft jegliches Verständnis übersteigt"[57].

Der wichtigste Aspekt der Welt ist, dass sie geschaffen ist. Dies findet in erster Linie Ausdruck durch das Wort, dass Gott im Anfang den Himmel und die Erde erschuf. Wie der Heilige Hierarch Basilius der Große sagt, bezeichnete der Autor des Buches Genesis „mit diesen zwei Extremen das Wesen des Universums, wobei er dem Himmel den zeitlichen Vorrang zuschrieb, und über die Erde sagte, dass ihr die zweite Stelle zukomme. Zweifellos, wenn zwischen Himmel und Erde ein Mittleres existierte, wurde es mit diesen Grenzen zusammen erschaffen"[58]. Einer der Schlüsselaspekte der Offenbarung ist die Verneinung der Präexistenz der Materie. Nach der biblischen Erzählung ist nur der Allmächtige ewig, wobei die Schöpfung aus Nichts erschaffen ist -  oder, in den Worten des Heiligen Hierarchen Johannes Chrysostomus, „vom Nicht-Sein ins Sein"[59] gebracht wurde. Die biblische Lehre über den Ursprung des Weltgebäudes unterscheidet sich gravierend von den Vorstellungen anderer Völker, die Zeitgenossen Israels waren. Diese äußerten sich in Gedanken über das Zyklische des Weltgebäudes sowie über die unendliche Wiederkehr der Weltereignisse. Ebenso populär war die Idee der Unendlichkeit des fassbaren Universums in Raum und Zeit in den neoheidnischen materialistischen Vorstellungen des 19. und 20. Jahrhunderts. Eine lange Zeit hindurch beanspruchten diese den Status wissenschaftlicher Vorstellungen, wurden aber durch die kosmologischen Konzepte widerlegt, die Ende des 20. Jahrhunderts formuliert wurden. Die durch den Schöpfer festgelegte Harmonie der Welt ist vom menschlichen Standpunkt aus nicht erkennbar. Uns ist es nur teilweise gegeben, die Schönheit und Perfektion der Göttlichen Schöpfung zu empfinden. Daher ist es für uns so wichtig, dass der Schöpfer von seinem Standpunkt aus die endgültige Perfektion der Welt sieht, wohin zu kommen uns noch bevorsteht.

Die philosophische, die theologische und die wissenschaftliche Kosmologie sprechen mithilfe unterschiedlicher Methoden über ein und dasselbe Universum. Die theologische Kosmologie, den durch Vernunft erhellten Glauben nutzend, betrachtet das Universum im Lichte des persönlichen Gottes, der es in Liebe erschaffen hat. Die philosophische Kosmologie betrachtet das Universum in Bezug auf die Existenz, und die wissenschaftliche Kosmologie betrachtet das Universum als etwas Beobachtbares und Messbares und drückt diese Messungen und Beobachtungen in mathematischen Formeln aus.

Diese drei Methoden widersprechen einander nicht. Ein Gläubiger kann sie gleichzeitig akzeptieren, und wenn wir so handeln, wird es unsere Kenntnisse über das Universum bereichern. Hier gehen Wissenschaft, philosophische Argumentation und Glaube nicht auseinander. Wichtig ist es, den jeweils eigenen Erkenntnisweg zu verstehen.

Möglicherweise fällt es heutzutage einem Wissenschaftler ebenso schwer wie in der Vergangenheit, ein Gläubiger zu sein. Aber es besteht kein Zweifel, dass das Leben eines gläubigen Wissenschaftlers von mehr Sinn und Inhalt erfüllt ist als das eines ungläubigen. Während ein ungläubiger Wissenschaftler - wie etwa Steven Weinberg[60] - sagen kann: „Je begreiflicher uns das Universum wird, umso sinnloser erscheint es auch"[61], und dass wir Menschen in ihm wie kleine Sandkörnchen verloren seien, heute da, morgen schon durch irgendeinen absurden Zufall verschwunden, kann ein gläubiger Wissenschaftler davon sprechen, dass er nicht allein ist, sondern dass sein Leben von der Hand Gottes begleitet wird, die ihm in seiner nicht einfachen wissenschaftlichen Arbeit hilft und ihn ins ewige Leben führt.


[1] Кант И. Всеобщая естественная история и теория неба// Кант И., Собрание сочинений в 8 т. М., 1994. Т. 1. С. 260 (Kant. I. Allgemeine Naturgeschichte und Theorie Des Himmels // Kant I. Sammlung der Werke in 8 B. Moskau, 1994, Band 1, S.260).

[2] Alexander Alexandrowitsch Friedmann (1888-1925) war ein russischer Physiker, Geophysiker und Mathematiker. Durch die von ihm erarbeiteten Gleichungen wird die Entwicklung eines homogenen und isotropen Universums beschrieben. (Anm.d.Ü.)

[3] Abbé Georges Edouard Lemaître (1894 -1966) war ein belgischer Theologe, Priester und Astrophysiker. Er gilt als Begründer der Urknalltheorie. (Anm.d.Ü.)

[4] Фридман А.А. Мир как пространство и время. Ижевск, 2001. С. 8 (Friedmann A.A. Die Welt als Raum und Zeit. Izhewsk, 2001. S.8). Das biblische Zitat  s. In Weis. 11;20 (nach der Einheitsübersetzung): „Du aber hast alles nach Maß, Zahl und Gewicht geordnet". (Anm.d.Ü.)

[5] Midbon M. A Day Without Yesterday': Georges Lemaitre & the Big Bang. URL: http://www.catholiceducation.org/articles/science/sc0022.html (Stand 19.07.2009).

[6] S. Roos M. Introduction to cosmology. London, 2003. P. 221.

[7] S. Liddle A. Introduction to modern cosmology. Sussex. 2003. P. 155.

[8] S., z.B. Зельдович Я.Б. Рождение Вселенной из «ничего» // Вселенная, астрономия, философия. М., 1988. С. 39 (Seldowitsch J.B. Geburt des Universums aus dem „Nichts" // Universum, Astronomie, Philosophie. Moskau, 1988. S. 39)

[9] James Hartle ist ein US-Physiker, bekannt durch seine Arbeiten in den Bereichen der Allgemeinen Relativitätstheorie, Astrophysik und Interpretation der Quantenmechanik. (Anm.d.Ü.)

[10] Rovelli C. Notes for a brief history of quantum gravity. P. 11. URL: www.arxiv.org gr-qc/0006061 (Stand 2.02.2009)

[11] Hawking S. How Did the Universe Begin?// Scientific American. 2000. № 1. Jan. P. 68.

[12] Хокинг С. Краткая история времени: От большого взрыва до черных дыр. СПб, 2000. С. 192 (Hawking, S. Eine kurze Geschichte der Zeit: vom Urknall bis zu den schwarzen Löchern". St.Petersburg, 2000. S. 192)

[13] Ibid. S. 199.

[14] John D. Barrow ist theoretischer Physiker und Professor für angewandte Mathematik und theoretische Physik an der Universität Cambridge. (Anm.d.Ü.)

[15] Barrow J. The Origin of the Universe. New York, 1994. P. 113.

[16] Alexander Vilenkin ist Professor für Physik und Direktor von Institute of Cosmology an der Tufts University (USA). Vilenkin hat über 150 wissenschaftliche Arbeiten geschrieben und war maßgeblich beteiligt an der Einführung der Ideen der ewigen Inflation, der Quantentheorie der Entstehung des Universums und der kosmischen Strings.  (Anm.d.Ü.)

[17] Vilenkin A. Birth of Inflationary Universes// Physical Review,1983. Dec. 27:12. P. 2851.

[18] Alan H. Guth ist ein theoretischer Physiker und Kosmologe. Er wurde auch außerhalb der Fachwelt bekannt durch sein 1980 veröffentlichtes Modell des inflationären Universums („Inflationäres Universum" bezeichnet eine Phase extrem rascher Expansion des Universums, von der man annimmt, dass sie unmittelbar nach dem Urknall stattgefunden habe). (Anm.d.Ü.)

[19] Альтшулер Б.Л. Барвинский А.О. Квантовая космология и физика переходов с изменением сигнатуры пространства-времени // УФН. 1996. Т. 166. № 5. С.482 (Altschuler B.L., Barwinskij A.O. Die Quantenkosmologie und die Physik der Übergänge mit einer Änderung der Raum-Zeit-Signatur // Errungenschaften der Physikalischen Wissenschaften. 1996, Band 166, № 5. S.482)

[20] Vilenkin A. Cosmic strings and domain walls// Physics Reports (Review Section of Physics Letters), 1985. №. 5. P. 304.

[21] Vilenkin A. Shellard E.P.S. Cosmic strings and other topological defects. Cambridge, 1994. P. 49.

[22] Andrei Dmitrijewitsch Linde ist ein russischer Kosmologe und einer der Begründer der Inflationstheorie des Universums. (Anm.d.Ü.)

[23] Roos M. Introduction to cosmology. London, 2003. P. 196.

[24] Ibid. P. 201.

[25] Linde A. The Self-Reproducing Inflationary Universe// Scientific American, 1994. № 11. Nov. P. 54-55.

[26] Rüdiger Vaas ist Wissenschaftsjournalist und seit 2000 hauptberuflich Redakteur der Zeitschrift Bild der Wissenschaft für die Bereiche Astronomie und Physik. Er beschäftigt sich als Philosoph mit Fragen der Kosmologie, Naturphilosophie, Wissenschafts- und Erkenntnistheorie, Neurophilosophie und Anthropologie. (Anm.d.Ü)

[27] Vaas R. Time before time. Classifications of universes in contemporary cosmology, and how to avoid the antinomy of the beginning and eternity of the world P. 4. URL: http://arxiv.org/pdf/physics/0408111 (Stand 2.02.2009).

[28] Christopher Isham ist Professor für Theoretische Physik an Imperial College London. Die Hauptinteressen seiner Forschung beziehen sich auf die Quantengravitation, die Grundlagenforschung im Bereich der Quantentheorie sowie temporale Quantenlogik.  (Anm.d.Ü.)

[29] Isham С. Quantum Cosmology and the Laws of Nature. Berkeley, 1993. P. 77.

[30] Carlo Rovelli ist ein italienischer Physiker, bekannt durch seinen Beitrag zur Entwicklung der Theorie der Schleifenquantengravitation und der thermal time hypothesis, wonach der Zeitpfeil lediglich ein thermodynamischer Prozess sei. (Anm.d.Ü.)

[31] Rovelli C. Notes for a brief history of quantum gravity. P. 22. URL: www.arxiv.org gr-qc/0006061 (Stand 2.02.2009).

[32] Хокинг С. Черные дыры и молодые Вселенные. СПб., 2001. С. 49 (Hawking S. Schwarze Löcher und junge Universen. St.Petersburg, 2001. S. 49).

[33] Ibid., S. 52).

[34] John Charlton Polkinghorne ist ein englischer theoretischer Teilchenphysiker und Theologe. Als Physiker arbeitete er vor allem an theoretischen Modellen für Hochenergie-Streuprozesse, die zur Bestätigungen des Quark-Modells und der Quantenchromodynamik geführt haben. Als Theologe erkennt er in der Effektivität der Mathematik in den Naturwissenschaften das Wirken einer höheren, ordnenden Macht. Einen weiteren Hinweis darauf sieht er im Anthropischen Prinzip, also an den speziellen Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit überhaupt intelligentes Leben im Universum entstehen kann. (Anm.d.Ü.)

[35] Рассел Р.Д. T=0: значимо ли это для теологии? // Религия и наука: история, метод, диалог. Архангельск, 2001. С. 174 (Russell R.J. T=0: ob das für die Theologie von Bedeutung ist? // Religion und Wissenschaft: Geschichte, Methode, Dialog. Archangelsk, 2001. S. 174).

[36] William R. Stoeger ist Astrophysiker, Theologe und Philosoph. Er beschäftigt sich mit der Beziehung zwischen Wissenschaft und Theologie. (Anm.d.Ü.)

[37] Стоугер У.Р. Ключевые стадии развития физики при взаимодействии с философией и теологией // Религия и наука: история, метод, диалог. Архангельск, 2001. С. 152 (Stoeger W.R Die Schlüsselstadien der Entwicklung der Physik in ihrer Wechselwirkung mit der Philosophie und der Theologie // Religion und Wissenschaft: Geschichte, Methode, Dialog. Archangelsk, 2001. S. 152).

[38] Jonathan R. Ellis ist ein britischer theoretischer Physiker, der sich mit Elementarteilchenphysik beschäftigt. (Anm.d.Ü.)

[39] Ellis G.  Issues in the Philosophy of Cosmology.
URL: http://arxiv.org/PS_cache/astro-ph/pdf/0602/0602280.pdf (Stand 2.02.2009).

[40] Hexaemeron (von griechisch hex = „sechs" und hämera = „Tag") ist eine Bezeichnung für die sechs Schöpfungstage der Genesis oder für eine Abhandlung darüber. (Anm.d.Ü.)

[41] S. Dan. 3,1-97. (Anm.d.Ü.)

[42] Флоровский Георгий, протоиерей. Восточные отцы IV века. М., 1992. 154 (Florowskij Georgij, Erzpriester. Die Östlichen Väter des 4. Jahrhunderts. Moskau, 1992, 154).

[43] S. http://www.orthpedia.de/index.php/Wasilij_Zenkovskij (Anm.d.Ü.)

[44] Зеньковский В., протоиерей, проф. Основы Христианской философии. Т.II. Христианское учение о мире. Париж. 1970. С.13 (Zenkovskij W., Erzpriester. Die Grundlagen der christlichen Philosophie. Band 2. Die christliche Lehre über die Welt. Paris. 1970. S. 13).

[45] Давыденков Олег, иерей. Догматическое богословие. Курс лекций: В 3 ч. М., 1997. Ч.3. С.8 (Dawydenkow Oleg, Priester. Dogmatische Theologie. Vorlesungskurs. In 3 Teilen. Moskau, 1997. Teil 3. S.8).

[46] Лосский В.Н. Очерк мистического богословия Восточной Церкви. Догматическое богословие. Москва. 1991. С.71 (Lossky W.N. Ein Essay über mystische Theologie der Ostkirche. Dogmatische Theologie. Moskau. 1991. S. 71, Der Titel der Deutschen Übersetzung: „Mystische Theologie der morgenländischen Kirche").

[47] Wladimir Nikolajewitsch Lossky (1903 - 1958, auch als Lossky bekannt) war ein einflussreicher orthodoxer Theologe und der erste Dekan und Professor für Dogmatische Theologie am orthodoxen St. Denis Institute in Paris. Schwerpunkt seiner theologischen Studien waren die orthodoxe Mystik und die Unterschiede in den west- und ostkirchlichen Interpretationen der theologischen Hauptbegriffe. Lossky betonte, dass das Hauptprinzip des Orthodoxen Christentums in der theosis besteht. Theosis (Griechisch: Θεωσις, übersetzt als Vergöttlichung oder Vergottung) bezeichnet die Errettung aus der Unheiligkeit zur Teilnahme am Leben Gottes. (Anm.d.Ü.)

[48] Лосский В.Н. Цит.соч. С.71 (Lossky W.N. Op.cit. S.71).

[49] Флоровский Георгий, протоиерей. Цит.соч. С.152 (Florowskij Georgij, Erzpriester) . Op.cit. S. 152)

[50] Ibid, 1983. S.199.

[51] Святоотеческая хрестоматия / Сост. Николай Благоразумов, протоиерей. Цит.соч. С.252 (Die Heiligväterliche Chrestomathie / Zusammengefasst von Nikolaj Blagorazumow, Erzpriester. Op.cit. S. 252)

[52] Зеньковский В., протоиерей, проф. Цит.соч. С.19-20 (Zenkovskij W., Erzpriester. Prof. Op.cit. S. 19-20).

[53] Иоанн Дамаскин, преп. Цит.соч. С.45 (Johannes von Damaskus, Ehrw. Op.cit. S. 45).

[54] Лосский В.Н. Указ. соч. С.223. (Lossky W.N. Op.cit. S.223).

[55] Иларион (Алфеев), игум. Таинство веры. Клин, 2000. С. 51 (Ilarion (Alfejew), Igum. Das Mysterium des Glaubens. Klin, 2000. S.51).

[56] S. Gen. 1. (Anm.d.Ü.)

[57] Heiliger Hierarch Basilius der Große. Homilien zum Hexaemeron. Homilie 1. Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde (Gen. 1,1)

[58] Ibid.

[59] Anaphore der Liturgie des Hl. Hierarchen Johannes Chrysostomus.

[60] Steven Weinberg ist ein US-amerikanischer Physiker und Nobelpreisträger, bekannt für seinen Beitrag zur Theorie der Vereinigung schwacher und elektromagnetischer Wechselwirkung zwischen Elementarteilchen (1979). Engagiert sich für den Atheismus. (Anm.d.Ü.)

[61] Вайнберг С. Первые три минуты. Современный взгляд на происхождение Вселенной. Ижевск, 2000. С. 161 (Wineberg, S. Die ersten drei Minuten, Die moderne Sicht auf den Ursprung des Universums. Izhewsk, 2000. S. 161).

Quelle: Портал Богослов.Ru

Nach oben

Mensch - Schöpfung Gottes

10. Dezember 2009

Backhaus, Ambrosius, Erzpriester

Hat die moderne Wissenschaft tatsächlich gezeigt, dass  die Entstehung des Lebens ohne das Eingreifen einer uns unbekannten Macht undenkbar ist? Oder hat das ganze Leben seinen Ursprung doch der hypothetischen Ur-Suppe zu verdanken? Wie können wir unsere modernen Kenntnisse über DNS, Wahrscheinlichkeiten und Mutationen mit der Heiligen Schrift vereinbaren? Wie sind die menschliche Sprache, der aufrechte Gang und der Glaube an Gott entstanden? In seinem Vortrag ruft Erzpriester Dr. Ambrosius Backhaus (1923 - 2005) uns dazu auf, diese und viele andere Fragen zu bedenken.

Liebe Brüder und Schwestern, vielen Dank für die Einladung. Ich freue mich, daß ich wieder hier bin. Eigentlich können wir in zehn Minuten fertig sein. Die moderne Wissenschaft hat gezeigt, daß die Entstehung des Lebens ohne das Eingreifen einer uns unbekannten Macht undenkbar ist.

Sie erinnern sich wahrscheinlich an die berühmte Ur-Suppe und die Blitze, die da herumzuckten. Solche Experimente sind auf der Welt hunderte Male wiederholt worden. Es ist richtig, daß in dieser frühen Methan-Atmosphäre um die Erde eine kleine Zahl von Aminosäuren entstehen kann. Man hat früher gedacht, daß man aufgrund dieser Tatsache auch das ganze Leben aus solchen „natürlichen Vorgängen" ableiten könnte.

1. Was ist Leben (DNS)?

Wir wissen es eigentlich schon länger, aber es ist uns offenbar erst langsam wirklich bewußt geworden, daß die Definition des Lebens eine ganz andere ist, als wir bisher geglaubt haben: Das Leben ist ein chemischer und physikalischer Vorgang, der gesteuert wird durch den berühmten Bauplan, auch DNS genannt, durch eine Doppelhelix. In jeder unserer Zellen - in jeder Zelle - ist ein solcher Bauplan vorhanden, der daraus besteht, daß auf einer wendeltreppenartigen Grundstruktur einzelne Aminosäuren im Dreiertakt angeordnet sind, und der Dreiertakt dieser Aminosäuren ist ein Code, wie wir ihn von unserer Elektronik her kennen, ein Code, der bei einfachen Lebewesen vielleicht 500 Informationsgruppen, BIT, hat, also fünfhundert Bauanweisungen. Beim Menschen sind das 80- bis 100.000 Bauanweisungen. Und dieser Code, dieser Gesamtbauplan, ist ohne jeden Zweifel die Voraussetzung für jedes Leben. Alles andere ist unsachlich und unwissenschaftlich. Dieser Bauplan ist schon bei den einfachsten Lebewesen von höchst komplizierter chemischer Struktur, die nicht von selbst oder durch Zufall entsteht. Das sage ich nicht nur, weil ich das glaube, sondern das ist handfeste Wissenschaft. Daß aus einigen Atomgruppen und Molekülgruppen unter der Einwirkung von hoher Temperatur und elektrischen Entladungsblitzen chemische - auch etwas kompliziertere - Gebilde entstehen könnten, ist denkbar. Aber eine chemische Struktur zu erzeugen, die zunächst einmal eine doppelt in sich gewendelte Spirale (eine Wendeltreppe) darstellt - d. h. also schon aus Hunderten und Tausenden von Molekülen besteht - und an diese Spirale jetzt sozusagen Treppenstufe für Treppenstufe jeweils drei Aminosäuren anzusetzen und durch die Anordnung dieser Aminosäuren eine Information zu speichern, die von dieser Kette her, von dieser Wendeltreppe her, auf unbelebte Materie einwirkt und aus dieser unbelebten Materie Lebendiges macht, liegt außerhalb aller Wahrscheinlichkeit - oder außerhalb aller Vernunft. Dieser Bauplan, der in jeder unserer Zellen ist, in jeder Zelle von Bakterien, Viren, Pilzen, Elefanten, Dinosauriern - wo auch immer -, dieser Bauplan ist nicht nur Informationsträger, sondern aktiver Baumeister. Dieser Baumeister baut das Lebewesen auf.

Um sich das bildlich vorzustellen: Ich möchte gern einen schönen Mercedes haben, habe aber kein Geld, kaufe mir den Bauplan, gehe mit dem Bauplan auf einen Schrottplatz, lege den Bauplan da hin. Am anderen Tag ist der Mercedes fertig. Tausendund-eine-Nacht-Märchen, aber genau so spielt sich das beim Menschen und allen Lebewesen ab.

Wir haben das durch die Erforschung vor allen Dingen des AIDS-Virus, des Krankheitserregers dieser neuen Krankheit, in allen Einzelheiten noch sehr viel genauer kennengelernt. Das AIDS-Virus, also dies lebende, krankheitserregende Etwas, löst sich völlig auf, wenn es in unseren Körper eindringt. Es bleibt sein Bauplan übrig. Dieser Bauplan dringt in eine Zelle unseres Körpers ein, versteckt sich in dem Bauplan der Zelle, kommt aus diesem Versteck nach 6 Wochen oder 20 Jahren wieder hervor. Bis dahin wird er bei jeder

Vermehrung der Zelle mit vermehrt; und wenn er sich irgendwann vom Zellkern gelöst hat, schwimmt er in der Zelle herum - wie eben mein Bauplan vom Mercedes auf dem Schrottplatz - und sucht aus der Zelle jetzt die notwendigen chemischen Bestandteile. Durch gut erforschte hochkomplizierte Vorgänge gelingt es ihm, die richtigen Moleküle und Atome an sich heranzuziehen, und daraus baut er wiederein neues Virus auf.

Genau so würde das eben auf dem Schrottplatz passieren, wenn der das Leben wäre.

2. Wahrscheinlichkeiten

Alles Leben hängt von dem Vorhandensein eines solchen Bauplanes ab, der gleichzeitig Baumeister ist. Nun wissen wir über Wahrscheinlichkeit Bescheid. Das ist eine häufige Denkweise der Wissenschaft, die die meisten von uns so ganz nicht begreifen können. Wenn Sie den Doktor fragen: „Wenn Sie meinen Leistenbruch operieren, wird das dann auch gut werden?", dann wird der zuversichtliche Doktor eventuell immer noch den Mut haben, zu sagen: „Ja, wir machen das ordentlich, da können Sie sich drauf verlassen." Das hat aber vor Gericht keinen Bestand. Er könnte nur sagen: Die Wahrscheinlichkeit, daß nach der von uns durchgeführten Operation der Leistenbruch geheilt ist, das Gewebe hält und nicht wieder aufreißt, liegt etwas bei 98 Prozent. Mehr kann er nicht sagen.

Voraussagen über Krankheit, Gesundheit, über das Leben wie über das Wetter bestehen aus der bekannten Wahrscheinlichkeit, daß dieses oder jenes Ereignis eintritt, wenn eine bestimmte Konstellation vorhanden ist.

Man kann errechnen, wie eine so komplizierte Anlage wie dieser Bauplan, der aus Tausenden von Molekülen, Zehntausenden von Atomen schon bei den einfachsten Lebewesen besteht, wie wahrscheinlich es ist, daß dieser Bauplan von selbst - durch Zufälle entsteht. Das ist eine über den Computer leicht durchführbare Berechnung (Wahrscheinlichkeitsrechnung). Man kann sich die einzelnen Schritte klar machen: Ich habe hier ein Kohlenstoffatom, hier ein Wasserstoffatom, da habe ich vielleicht noch ein Stickstoffatom. Nun rechne ich aus, wie wahrscheinlich es ist, daß sie in einer Ur-Atmosphäre, von der man immer redet, zusammentreffen - drei von fast 100 bekannten Elementen. Dann haben wir aber erst mal drei verschiedene zusammen. Wir brauchen aber Hunderte und

Tausende in ganz bestimmter Zusammensetzung. Man hat ausgerechnet, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist. Das Ergebnis ist verhältnismäßig einfach. Die Zahl der im Weltall vorhandenen Atome entspricht einem Hundertstel der notwendigen Varianten, daß so eine Wendeltreppe von selbst entsteht. Diese Zahl ist unvorstellbar, aber die Wahrscheinlichkeit der Selbstentstehung von DNS ist tausendmal unwahrscheinlicher, als diese Zahl angibt. Damit ist die [Wahrscheinlichkeit] von der natürlichen zufälligen Entstehung des Lebens von Anfang an gestorben. Es gibt auch meines Wissens keine Möglichkeit eines Einwandes gegen diese Erkenntnis. Diesen etwas schwierigen Gedankengang möchte ich noch einmal zusammenfassen: Unsere Kenntnisse der frühen Geschichte der Erde lassen einen Zustand vermuten, in dem sich im Laufe langer Zeit in den Wassern der Ur-Suppe, des Ur-Ozeans, Aminosäuren spontan bilden und so stabil bilden konnten, daß sie bestehen blieben. Diese Aminosäuren sind chemische Gebilde, die wir in allen lebenden Wesen wiederfinden. Der Gedanke schien nahe zu liegen, daß sich aus diesen - in allen Lebewesen vorkommenden - chemischen Bestandteilen in sehr langer Zeit ohne die Steuerung von außen Lebewesen allein durch Zufälle und die Einflüsse, die in dieser Urwelt vorkommen, bilden könnten. Mathematisch unwahrscheinlich, aber denkbar. Mit der heute vorhandenen Erkenntnis - bei aller Relativität und Wandelbarkeit wissenschaftlicher Erkenntnis -, daß sich Leben nur ausbildet, von dem in jeder Zelle vorhandenen aktiven Bauplan (vereinfacht für DNS, Gencode, Chromosomensatz) abhängt und ohne diesen Code nicht möglich ist, schließt die Möglichkeit aus, daß sich das Leben von selbst - durch zufällige Entstehung einzelner Bauteile und zufälligen Aufbau von verschiedenen Lebensformen - entwickeln kann. Der Grund: Der in den Zellen als Voraussetzung für die Zellbildung und die Entstehung von Leben vorhandene Bauplan hat eine so hohe Vielgestaltigkeit - der Gestalt, der Struktur, der chemisch-physikalischen Architektur -, daß auch in unendlichen Zeiträumen keine Wahrscheinlichkeit zu berechnen ist, daß sich diese Baupläne aus Zufallsschritten aufbauen. Die sich aus den Computern ergebenden Zahlen erreichen eine unvorstellbare, aber mathematisch definierbare Größenordnung, die weit höher ist als die Zahl der für den Weltraum errechneten Atome. Diese Zahlen entziehen sich, ebenso wie die Unendlichkeit des Weltalls, der menschlichen Vorstellungskraft.

So stellt die Wissenschaft fest: Lebendige Strukturen können nur entstehen, wenn eine gezielte Lenkung des Aufbaus der Atome und Moleküle durch einen selbstregulierenden Bauplan erfolgt. Ein anderer Weg wird von der Wissenschaft - auch spekulativ - nicht genannt. Über die Art dieser Lenkung, die Kraft oder Person, die diese Lenkung erdenkt oder ausführt, sagt die Wissenschaft nichts aus. Die Wissenschaft kommt nicht zu dem Schluß, Gott hat das Leben geschaffen, sondern nur zu dem Schluß: Wir können keine Entstehung des Lebens beschreiben oder vermuten, die ohne das Handeln eines planenden und eingreifenden Wesens vor sich gehen kann.

Wer Gott als den Schöpfer des Himmels und der Erde bekennt, wird Gott als dieses Wesen verherrlichen, Er hat das Leben geschaffen. Das dreht sich um das Leben als solches. Wir sind noch nicht beim Menschen. Aber die Sache ist auch später nicht ganz einfach. Ich habe ja schon gesagt, daß die einfachsten Lebewesen einige Hundert Entscheidungen in ihrem Bauplan haben - und daß der Mensch einige Zehntausend hat. Aber von einer Lebewesengruppe bis zur anderen, etwa von dem ersten Wirbeltragenden Fisch bis zu einem Hai z. B., oder von einer Schildkröte bis zu einem Säugetier, ist ein Sprung von in der Regel 10- bis 20.000 solcher Bits - also Entscheidungen oder Bauplaninformationen. Dieser Bauplan müßte für eine neue Art verlängert oder erweitert werden, und wenn man sich das klar macht, dann versteht man auch, warum wir uns so leicht haben in die Irre führen lassen.

3. Darwinismus

Das Erstaunliche ist, daß es Entwicklungsreihen gibt - und wer Darwins Buch gelesen hat, hat gesehen, mit welcher Sorgfalt und Genauigkeit Darwin erforscht hat, daß es eindeutige Entwicklungsreihen gibt, z. B. die der Pferde. Das beste und bestbelegte Beispiel. Bei den Pferden[1]  kann man von diesen hübschen kleinen Pferden langsam aufsteigen bis zu unserem Pferd und kann fast lückenlos die einzelnen Stufen nachweisen, und in diesem Bereich seltsamer- weise funktioniert auch die von Darwin vorgeschlagene Methode.

Darwin hat sich zwar grundsätzlich geirrt, indem er glaubte, daß die Pferde, würden sie sich entwickeln, unterschiedlich ausfallen. Pferde, die sehr viel laufen und dadurch ihre Muskulatur kräftigen, mehr fressen, würden größer, und diese Eigenschaft würde sich vererben. Die berühmte Vererbung erworbener Eigenschaften. Wir müssen heute wohl sagen, daß es diese Vererbung erworbener Eigenschaften nicht gibt. Es gibt sie in gewisser Hinsicht bei ganz komplizierten Vorgängen, nämlich bei Familien. Die Familie von Bach ist eine der wenigen - allerdings eindrucksvollen - Beispiele dafür, daß über viele Generationen hinweg die Begabung für Musikalität weitergeben wird. Bei Luther z. B., dessen Familie ja auch gut untersucht ist: keine Spur von der Vererbung erworbener Eigenschaften. Bei Goethe - keine Spur davon. 

Die Vorstellung der Vererbung erworbener Eigenschaften kann man jedenfalls im großen ad acta legen.

4. Neodarwinismus (Mutationen)

Infolgedessen haben wir ein anderes System - Neodarwinismus -, was wissenschaftlich gut begründet ist. Jeder Bauplan eines Lebewesens wird vermehrt, zunächst verdoppelt, verhundertfacht. Und bei dieser Vermehrung entstehen Fehler. Diese Fehler sind in der Regel tödlich für die Zelle. In unserem Körper entstehen etwa 40.000 neue Zellen pro Tag - in 24 Stunden. Von diesen 40.000 neuen Zellen, die in unserem Körper pro Tag entstehen, sind etwa 8.000 fehlerhaft. Von diesen 8.000 sind die meisten nicht lebensfähig. Es bleiben z. B. 120 Krebszellen über, die jeden Tag in unserem Körper entstehen, die überlebensfähig sind, die auch lebensgefährlich sind, die aber von unserem Abwehrsystem (unseren weißen Blutkörperchen) zerstört werden. Diese Technik, daß bei der Kopie zur Vermehrung des Bauplans Fehler entstehen, nennt man Mutation, das heißt: Veränderung des Bauplans. Es entstehen also spontan - zufällig im Grunde genommen - Veränderungen des Bauplans, und unter diesen Veränderungen des Bauplans sind natürlich auch nützliche Änderungen. Einer hat einen längeren Schwanz, der andere hat kräftigere Zähne, ein anderer hat ein besseres Gebiß, der nächste hat vielleicht bessere Augen. Das ist alles schon etwas Phantasie, aber es sieht aus, als gäbe es dafür eine wissenschaftliche Grundlage. Die Theorie nimmt an: Es überlebt jetzt der Bessere, der Kräftigere - er setzt sich mehr durch -, der hat auch eher Chancen, einen Partner zu finden, hat also mehr Nachkommen als die anderen. Und die von diesem Mutanten gezeugten Nachkommen, von diesem ausnahmsweise mal - denken Sie an die Albinos - durch die Veränderung des Bauplanes „verbesserten" Lebewesen, pflanzten sich wieder fort. Und so gibt es eine unendlich langsame, aber eben eine Entwicklung, z. B. bei den Pferden. Aber hier gibt es eine grundsätzliche Schwierigkeit, die immer von Anhängern der natürlichen Entstehung der Arten beiseite geschoben wird: Die Grenzen der Zeugungsgemeinschaft. Das Problem ist einfach: Pferde können ja miteinander Nachkommen zeugen, aber bekannterweise haben Pferde und Esel schon Schwierigkeiten, und die Nachkommen beider, die Maultiere oder Maulesel, sind nicht mehr fortpflanzungsfähig. Infolgedessen ist in der Begrenzung der einzelnen Art durchaus eine Entwicklung [im Sinne] neodarwinistischer Vorstellung über Mutanten und Auslese denkbar - nicht bewiesen, aber denkbar. Aber schon über Esel/Pferde hinaus nicht. Da entsteht kein Schaf - kein Schaf ist kreuzbar mit einem Pferd - und so weiter. Diese einfache Tatsache, daß die einzelnen Lebewesen in ihrer Geschlechtergemeinschaft eine begrenzte Möglichkeit der Fortpflanzung haben, schließt letzten Endes große Veränderungen aus. Eigentlich brauchten wir nicht so kompliziert darüber zu reden, schauen Sie sich einen Seestern an - ein fünfstrahliges Wesen - und eine Eidechse. Wie soll die Eidechse aus diesem fünfstrahligen Wesen entstehen? Es ist richtig, daß es im Rahmen der Geschichte der Lebewesen eine Dynamik gibt, die in bereits vorhandenen geprägten Gruppen zu einer weiteren Entwicklung oder Veränderung der Gestalt führt, z. B. bei den Pferden. Das geht einigermaßen. Beim Hirsch... Mammut und Elefant sind nicht schwieriger zu verbinden, da kann man noch sagen, daß es möglich sein könnte. Bei den Hasentieren wird es immer schwieriger. Ganz schwierig wird es dann bei den Insekten. Auch bei den Insekten gibt es Entwicklungsformen, aber wenn Sie alleine an die Wespen denken, an die Bienen, an die Schlupfwespen und Skorpione - unterschiedliche Strukturen, die untereinander nicht kreuzbar sind.

5. Was sagt die Heilige Schrift?

Aber was sagt die Heilige Schrift, oder brauchen wir uns über die keine Gedanken zu machen? Doch, ich mache mir schon Gedanken. Mich hat zunächst erstaunt, dann einfach begeistert, daß nur in der Schöpfungsgeschichte der Bibel die Reihenfolge richtig ist. Das ist nämlich auch eine seltsame Sache. Wenn wir nichts von der Reihenfolge wüßten und würden uns hier zusammensetzen, und jeder von uns würde auf einem Zettel aufschreiben, wie die Lebewesen nacheinander entstanden sind, dann würden sehr unterschiedliche Reihenfolgen dabei herauskommen. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß die meisten von uns die richtige Reihenfolge treffen werden. Aber daß - aus der Tradition des hebräischen Volkes hervorgegangen - dieser Bericht der Schöpfungsgeschichte in der Reihenfolge stimmt, kann man nicht erwarten. Das ist kein Zufallsergebnis, denn der Schöpfungsbericht der Germanen stimmt nicht. Der Mensch ist nicht aus dem Eis entstanden. Die Kuh Audumla hat den Menschen nicht aus dem Salzblock herausgeleckt.[2] Zeitlich geordnete, planmäßige Schöpfungsgeschichten sind selten. Die Schöpfung der Welt geht nach Schnorri (Edda) in der Weise vor sich, daß in der Urzeit zuerst Niflheim und Muspelheim geschaffen wurden. In die zwischen beiden gähnende Kluft Ginnungapag ergossen sich kalte Ströme, die aus Niflheim kamen und zu Eis erstarrten. Giftiger Nebel legte sich als Reif darüber. Aus Muspelheim aber fielen Funken auf das Eis, und aus dieser Vermischung von Frost und Feuerfunken ging der zweigeschlechtliche Riese Ymir hervor. Als er im Schlaf schwitzte, entstanden unter seinem linken Arm ein Mann und eine Frau, und sein eigener Fuß zeugte mit dem anderen einen Sohn. So wurde er zum Stammvater der Frostriesen. Nach einiger Zeit taute aus dem Eis die Kuh Audumla heraus. Sie leckte an den salzigen Eisblöcken, bis nach drei Tagen Buri, ein Mann von göttlicher Erscheinung, hervorging.

Um so erstaunlicher ist es, daß der Bericht der Bibel die richtige Reihenfolge hat. Und die einzige Ausnahme, die dort zu sein scheint, beweist etwas ganz Erstaunliches. Sie werden das gleich sehen. Die Ausnahme besteht darin, daß Sonne und Mond „zu spät" geschaffen werden: am vierten Schöpfungstag. Das erscheint unvernünftig. Sonne und Mond sind früher als das, was die ersten Schöpfungstage berichten, als das Tohuwabohu war, als sich die Feste von den Wassern trennte (1. Moses 1,2 und 7), da hat es nach unserem Wissen Sonne und Mond schon gegeben. Da gibt es keine Zweifel. Wieso kommt dieser „Fehler" in die Schöpfungsgeschichte, dieser Reihenfolge-Fehler?

Wir wissen heute ziemlich genau, daß es in der Entwicklung, in der Entwicklung des Sternes Erde eine lange Zeit gegeben hat, wo Sonne und Mond von der Erde aus nicht sichtbar waren. Warum? Weil die Erde noch viel wärmer war und durch die Wärme große Teile der Ozeane als Wolken den Himmel bedeckten, so daß die Erde ständig von einer dichten Wolkenschicht umgeben war und niemand in der Lage war, den Sternenhimmel zu sehen. Infolgedessen waren Mond und Sonne bis zum vierten Tag noch nicht sichtbar. Wir wissen, daß diese Wolkenschicht in relativ kurzer Zeit abgeregnet ist. Diese über viele Erdzeitalter die Erde umgebende dichte Wolkenschicht - oder auch als dichtes Nebelmeer zu bezeichnen - findet ihre Spuren z. B. in den Farnwäldern und in einer seltsamen Formulierung des Schöpfungsberichts: Da machte Gott die Feste und schied das Wasser unterhalb des Gewölbes von dem Wasser über der Feste (Luther). Oder Einheitsübersetzung: Gott machte also das Gewölbe und schied das Wasser unterhalb des Gewölbes vom Wasser oberhalb des Gewölbes. So geschah es, und Gott nannte das Gewölbe Himmel (1. Moses 1,7-8). Diese Worte erinnern an die Vorstellungen in Ägypten und im Euphrat-Tigris-Gebiet, aber sie haben auch einen Sinn angesichts der Wolkendecke, des Nebelmeeres, das die ganze Erde bedeckte. Die Erde wurde kühler, an einem kritischen Punkt der absinkenden Temperaturen wurden die Wolken, das Nebelmeer zu einer Sturzflut ungeheurer Wassermassen, die auf die Erde herabstürzten und Pflanzen, Erde, Geröll und Felsen von den Bergen und Hängen in die Täler spülte. Aus den riesigen Massen an Pflanzen, Wäldern, Farnwäldern, die in der Tiefe unter hohem Druck von Felsen und Erde lagerten, bildete sich die Steinkohle. Die Steinkohlenflöze sind ja nichts anderes als riesige Wälder, Farnwälder zum Teil, die von riesigen Wassermassen von den Bergen heruntergespült worden sind in die Täler. Dann wurde darüber Sand und Erde und Felsen gespült, und tief unten in der Erde, unter dem großen Druck, verwandelten sich die Bäume langsam in Steinkohle. Das sehen Sie ja hier in Ihrer Kirche: alte Bäume, die versteinert sind. So sagt dieser scheinbare Fehler der Reihenfolge nichts anderes, als daß offenbar der Schöpfungsbericht von der Erde aus - von einem irdischen Betrachter - gesehen ist. 

Ich kann Ihnen nicht sagen, warum das Gott so gefallen hat, dem Moses oder dem, der das verfaßt hat, diese Reihenfolge so zu geben. Aber es ist immer wieder für mich in der Heiligen Schrift das Erstaunliche und Großartige, gerade dann, wenn ich anfange mich zu ärgern und zu zweifeln und meine: Ja, nun ist doch mal eindeutig bewiesen, daß die Sache nicht stimmt. Dann stellt sich heraus, daß ich letzten Endes nicht bis zu Ende nachgedacht habe.

6. Warum interessiert uns das eigentlich?

Jetzt wäre es eigentlich an der Zeit eine Frage zu stellen, mit der ich auch hätte anfangen können: Warum interessiert uns das eigentlich? Welches Interesse sollten wir daran haben, Gottes Allmacht in Frage zu stellen? Und vor allem: Wer möchte gern durch einen blinden Zufall entstanden sein, wenn er auch von den liebenden Händen eines allmächtigen Gottes geschaffen sein kann? (1. Moses 2,7) Denn - das ist natürlich gar kein Zweifel -, ganz gleich, wie gut unsere Argumente sind und wie gut wir sie vortragen können - das spielt ja leider auch noch eine Rolle -, sie sind nur Vermutungen, Vermutungen mit einem unterschiedlichen Sicherheitsgrad der Wahrscheinlichkeit. In der Darstellung der Abhängigkeit von der DNS liegt die Wahrscheinlichkeit bei weit über 99 Prozent. Aber das sind eben nicht 100 Prozent. Es ist also nicht so, daß es irgendeinen unumstößlichen Beweis gibt. Es ist niemand von uns dabeigewesen. Wir wissen ja nicht einmal sicher, ob unsere Zeiteinteilungen für die Zeiten vor 2 Millionen Jahren überhaupt so gelten - oder ob möglicherweise die Dynamik von Erde, Sonne, Mond und Planeten in einer ganz anderen Weise stattgefunden hat. Wir wissen unendlich vieles nicht. Wir wissen aber auch sehr viel, z. B. daß die Entstehung des Bauplanes des Lebens, der DNS, durch Zufall unmöglich ist.

7. Glaubensentscheidung

Wenn man sich klar macht, daß hier offensichtlich eine Glaubensentscheidung vorliegt, frage ich noch einmal: Wie kommt es, daß der Mensch Gott gerne aus seinem - des Menschen - Entstehen verdrängen möchte? Ich bin wirklich froh, von Gott geschaffen zu sein. Aber warum sollte ich mich eigentlich dagegen wehren? Es ist doch ganz wichtig, diese Frage im Verstand und im Herzen sich zu erwägen. Selbst wenn es noch viel überzeugender wäre, daß die sich langsam aufrichtenden Affen über die Menschenaffen zum Menschen geworden sind, würde mir das weh tun. Ich liebe die Hand Gottes, die mich gebildet hat, und den Atem Gottes, der mich erfüllt (1. Moses 2,7). Aber warum tut es Menschen nicht weh? Sie sehen Kinder durch die Museen wandern, bei uns, in England, im großen naturkundlichen Museum - ausgezeichnet aufgemacht, sehr exakt, auch sehr zurückhaltend dargestellt. Es steht nirgends da: Das muß so sein!, sondern: Das sind mögliche Denkentwürfe. Und trotzdem wandern die Leute, Kinder wie Erwachsene, an den Schaukästen mit Bildern einer natürlichen Entwicklung mit strahlenden Augen vorbei, und die Lehrer erzählen den Kindern: Hier, da seht ihr ja, ihr stammt von diesem schönen Affen ab. Man sieht so eine Gruppe von verschiedenen Menschenaffen: Gibbon, Orang-Utan, Schimpanse - und dazwischen steht der Mensch. Und da sieht man so richtig, wie aus diesen Affengestalten der Mensch hervorgeht. Nein, ich sehe das nicht. Aber viele der Leute, die davorstehen, die sehen das mit befriedigtem Erstaunen. Warum? Was ist daran so begeisternd? Ich finde die Affen in ihrer Art schön. Aber woher kommt das Verlangen des Menschen, Gott aus unserem Werden zu entfernen? Weil die Bibel eben [scheinbar] unzuverlässig ist. Da macht Gott den Menschen aus einem Lehmkloß. Aus Lehm kann man viel machen, ganz richtig - aber Lehm, Lehmkloß, Flußlehm ist eine falsche Übersetzung des wirklichen Ur-Textes. Das steht im Hebräischen und im Griechischen so nicht.[3] Staub, Lehm der Erde. Der Mensch ist ein Erdenmensch, ein Irdischer. Die oft irreführende Übersetzung: aus einem Lehmkloß, Erdenkloß, ist eine schöne Übersetzung, aber in dieser Form erkennen wir oft nicht das Wesentliche: Der Mensch kommt nicht vom Himmel mit einem der Fluggeräte, an die Däneken denkt, sondern er ist ein Irdischer, er kommt aus der Erde. Die Erde bereitet in ihrem lebendigen Gestalten den Stoff, aus dem Gott den Menschen schafft. Das Wesentliche ist nicht das Material, die Materie, sondern der Schöpfer. Unter [gr.] >ge< kann man viel verstehen, vom Flußlehm des Euphrat bis zu den Entwicklungslinien, die wir in den Affengestalten der Zeit vor dem Erscheinen des Menschen erblicken. So ungeeignet aus vielen Gründen die Affengestalten der Frühzeit sind, um Vorfahren des Menschen sein zu können, so ist doch eine ganz entfernte Ähnlichkeit offensichtlich. >ge< ist viel umfassender als nur Lehm. Der Schritt von diesem >ge< - selbst in der Gestalt von Affen - zum Menschen geschieht nicht durch Zufall, sondern durch das schöpferische Handeln Gottes. Das sagt die Heilige Schrift. Dem kann sich eine sachlich an den Tatsachen gebundene Wissenschaft nicht entziehen. So wird der Gesang der Kirche bei der Beerdigung, der den Menschen als einen Erdgeborenen - einen Irdischen - beschreibt, gleichzeitig ein Bekenntnis zur Entstehung des Menschen aus der Erde, dem Gesamtbegriff: durch Gottes Kraft und Willen. Der zufallstechnisch unerklärbare Sprung in der Struktur und der Anzahl der für den Bauplan prägenden DNS ist nur ein Teil dieses Bekenntnisses. Gott hat den Menschen geschaffen. Und ich meine schon, daß die wenigen Tatsachen, von denen ich hoffe, daß ich sie einigermaßen verständlich dargestellt habe, das automatische Werden und die Selbstentstehung des Menschen unmöglich machen.

Es gibt einen Roman von Huxley - „After Many a Summer" (Nach vielen Sommern) - mit einer seltsamen Idee zum Werden des Menschen: Eine Forschergruppe, so in den 20er Jahren, entdeckt in alten Papieren, daß am Anfang des 18. Jahrhunderts das Mittel der Unsterblichkeit entdeckt wurde. Und sie gehen diesen Nachrichten nach und kommen auf sehr spannende Weise - wie das zum Roman gehört - letzten Endes auf ein englisches Gut und stellen fest, daß offenbar auf diesem Gut dieses Mittel zuerst angewandt worden sei und daß der Gutsherr - der Graf, würden wir sagen - mit seiner Mätresse - darf ja nicht die Ehefrau sein -, mit seiner Mätresse zusammen damals das Mittel eingenommen hat und verschwunden ist. Die Leute suchen und finden schließlich im riesigen Park ein kleines Parkhäuschen, in dem der Graf mit seiner Mätresse also richtig noch lebt - nur leider sind sie beide zu Affen geworden. An der haarigen Affenbrust des Grafen hängt die goldene Kette seiner Würde.

Das geht auf die Vorstellung zurück, die lange Zeit sehr ernsthaft vertreten worden ist, daß der Mensch ein retardiertes Affenbaby sei, d. h. sozusagen der Trick, aus dem Affen einen Menschen zu machen, einfach darauf beruht, daß man das Affenbaby sich nicht zum Affen entwickeln läßt, sondern in seiner Babygestalt weiterleben läßt. Etwas primitiv, meine ich beinahe, aber doch sehr eindrucksvoll. Denn wenn Sie ein Affenbaby sehen, dann haben Sie noch sehr viel mehr menschliche Empfindungen als bei einem ausgewachsenen Orang-Utan-Mann (bei den Malaien Waldmensch genannt). Das ist ein großartiger Mann, Orang-Utan-Mann. Das ist auch eine großartige Frau, aber jedenfalls sind sie Affen. Aber dieses kleine Affenbaby Goma[4] - denken Sie das an den Zoo in Basel, das damals in der ganzen Welt herumgereicht wurde -, das wirkt tatsächlich außerordentlich menschenähnlich. Da hat man gesagt: Hier ist die Lösung. Irgendwann einmal - wer weiß wie - wurde ein Affenbaby daran gehindert, sich wie ein Affe weiterzuentwickeln, und siehe: hervor kam der Mensch. Die Schwierigkeit aller dieser Theorien - sämtlicher Theorien - ist leider die, daß der Mensch aus Mann und Frau besteht, d. h. also dieses Ereignis, daß das Affenbaby an seiner weiteren Entwicklung gehindert wurde, muß zweimal [und zur gleichen Zeit am gleichen Ort] - bei einem männlichen und einem weiblichen Baby - stattgefunden haben. Das geht nicht mit einem. Und damit sinkt die Wahrscheinlichkeit schon wieder fast auf Null. Aber lassen wir das alles mal bestehen. Offenbar hat hier in diesem Roman der Dichter das in einer großartigen Weise dargestellt, und er erhebt schon den warnenden Finger und sagt: Meine lieben Zeitgenossen, wenn ihr immer älter und älter werdet, dann schlägt der Affe wieder durch.

Ich würde nach meiner Erfahrung mit Senioren, für die ich oft Vorträge halte, das bestreiten. Ich habe da noch nicht irgendein Anzeichen andrängenden Affentypes feststellen können. Aber, auch wenn diese Theorie ernstgenommen wird, ist die Frage noch lange nicht beantwortet, warum dieses Affenbaby sich nicht weiterentwickelt. Und infolgedessen habe ich erst etwas so ungeschützt gesagt: Ich habe nichts dagegen, wenn ich vom Affen abstamme, aber Gott ist der, der die Wandlung bewirkt. Vielleicht hat Gott das Affenbaby genommen und es mit seiner schöpferischen Macht zu einem Menschen werden lassen.

8. Der aufrechte Gang des Menschen

Dann gibt es noch eine andere Denkmöglichkeit. Die hängt zusammen mit der Eigentümlichkeit des Menschen, daß er aufrecht geht. Und wer Rückenschmerzen hat oder Leute behandelt, die Rückenschmerzen haben, der weiß, daß der aufrechte Gang des Menschen wirklich ein Wunder ist. Der aufrechte Gang des Menschen hat, auch von unserer Konstruktion her, viele Voraussetzungen. Man vergißt leicht, daß schon die Knochen - von der inneren Struktur bis zu den Gelenkflächen - besonders gestaltet sein müssen, um den aufrechten Gang auf die Dauer möglich zu machen. Ein Menschenaffe kann natürlich auch mal auf den Hinterbeinen gehen, wie auch ein Pferd. Aber daß das auf Dauer geht, setzt eine ganz komplizierte Ordnung vom Becken bis zum Schädel voraus. Diese Wirbelsäule muß noch wie ein Mast mit lauter kleinen Muskeln, mit Tausenden von Muskeln stabilisiert werden und beweglich gemacht werden. Es genügt nicht, daß wir nicht nur aufrecht gehen können: Wir können viele Dinge mit unserem Körper tun, die ein Tier nicht kann. Wir bewundern die Tiere in ihrer Eleganz. Ich auch. Wenn so eine Katze über die Nippessachen auf dem Schrank hinwegläuft und nicht ein einziges umstößt, dann kann man das nur schlicht bewundern. Aber wenn Sie mal Menschen sehen, die Tiere nachahmen, dann merken Sie plötzlich: Der Mensch kann fast jedes Tier imitieren - das Tier nicht. Das Tier ist festgelegt auf seinen eigenen Bewegungsablauf. Der Bewegungsablauf ist oft sehr viel schöner, eleganter - so 120 km/h bei Geparden ist doch eine ganz schöne Geschwindigkeit - als beim Menschen, aber er ist nicht so plastisch, nicht so formbar. Der Mensch kann eben alles lernen, was das Tier seiner Art gemäß kann.

9. Götter der Heiden - Tiergestalten

Und deshalb finde ich es bezeichnend, daß die Götter der Heiden, der Völker der ethnoi, eine Tiergestalt hatten. Tiere sind eindeutig festgelegt - auf die kann man sich verlassen. Ein menschlicher Gott ist ein Gott, der Wunder tut, der uns liebt, der uns ergreift, dem wir aber auch ausgeliefert sind, in einer ganz herrlichen Weise ausgeliefert sind. Die Spontaneität Gottes - unerwartet und unbegreiflich, immer wieder in neuer Schöpfungskraft - geht über alles hinaus, wozu Tiergötter, ob Falken oder Stiere oder immer auch die Phantasie entwickeln kann, fähig sind.

10. Savannen-Theorie

Der aufrechte Gang wird gedeutet durch die Savannen-Theorie. Man stellt sich vor, daß der Affe ursprünglich in den Bäumen lebte wie das Eichhörnchen - wobei wir uns erinnern, daß Eichhörnchen noch zur Zeit, als die Schlacht im Teutoburger Wald war, von Bozen bis nach Kopenhagen von einem Baum zum anderen springen konnten, ohne ein einziges Mal die Erde zu berühren. So waren auch die Wälder in Afrika. Viele Leute vermuten, daß der Mensch aus Afrika kommt. Und langsam gehen die Bäume ein, es entwickelt sich die Savanne, d. h. also, ein hohes Grasland. Zunächst können die Affen noch springen - ein Gibbon, wenn Sie das gesehen haben, springt ja wirklich sehr weit -, aber dann reicht auch das nicht mehr. Jetzt muß der Affe runter auf die Erde, um zum nächsten Baum zu kommen. Zwischen den Bäumen, das Gras ist sehr hoch. Der Affe kann nicht ordentlich sehen, die Leoparden warten schon, ihn zu fressen. Infolgedessen richtet sich der Affe auf, und durch diese Veränderung der Umwelt - das ist ja immer wieder der Gedanke der sogenannten „natürlichen" Entstehung des Menschen -, durch Veränderung der Umwelt geschieht etwas Neues: Der Mensch - noch Affe - richtet sich auf. Der Affe blickt darüber, sieht den Leoparden rechtzeitig, läuft zum nächsten Baum und überlebt. Auch hier natürlich die große Schwierigkeit. Es müssen zwei überleben, ein weibliches und ein männliches Exemplar. Aber trotzdem sieht man auch hier, daß da ein ganz komplizierter Gedankengang notwendig ist, der letzten Endes durch nichts zu beweisen ist.

11. Mutation durch kosmische Einflüsse

Ich erzähle Ihnen nun noch eine dritte Theorie - eigentlich nur, damit Sie eine Vorstellung haben, was alles an Denkmodellen entworfen wird. Wenn man sich vorstellt, daß z. B. durch eine Atomexplosion sehr viele Strahlen die Erde treffen, und es entstehen unendlich viele Mißbildungen. Ein ganz großer Teil der Menschheit würde sterben, und die anderen sind krank. Viele mißgebildete Menschen werden geboren werden. Wenn die Zahl der Individuen - der Einzelwesen - über die 2-Milliarden-Grenze hinausgeht, kann man hoffen, daß nicht nur negative, sondern auch positive Erbveränderungen - Mutationen - entstehen. Das heißt - wir haben heute mehr als zwei Milliarden -, wenn sich jetzt eine riesige Atomexplosion ereignet oder ein Meteor, der ionisierende Strahlung aussendet, an der Erde vorbei fliegt, dann werden zwar die meisten Menschen untergehen, da werden sehr viele Mißgebildete sein, aber es werden einige besser gestaltet sein als vorher.

Reine Theorie. Diese Vorstellung wird auf die Affen ausgedehnt, und es scheint richtig zu sein, daß es eine Zeit gegeben hat, wo die Menschenaffen in sehr großer Zahl, vielleicht wirklich in dieser notwendigen 2-Milliarden-Zahl, vorhanden waren. Dann nimmt man einen strahlenden Meteor an, die meisten Affen sterben, und einige von diesen Affen sind zu positiven Mutanten - also Menschen - geworden. Auch das hat natürlich seine Schwierigkeiten, aber zeigt sehr eindrucksvoll, daß gerade diese Theorie auf ein äußeres Eingreifen angewiesen ist. Warum ist uns nun dieser für viele Affen todbringende Meteor, der mit seinen vernichtenden Strahlen über die Erde geht, lieber als GOTT DER HERR, der uns Menschen geschaffen hat?

12. Die menschliche Sprache

Die menschliche Sprache. Ich sehe von anderen Problemen ab, wie z.B. die Werkzeuge. Die Frage der Sprache. Man hat sehr viele Untersuchungen gemacht, gerade in der letzten Zeit sind sehr interessante Arbeiten erschienen über die Entwicklung der Sprache. Und wenn ich das etwas vereinfachen darf... Tiere haben auch eine Sprache, aber die Sprache der Tiere besteht aus Anrufungen, aus unmittelbaren Mitteilungen. Die Tiere sind trotz ihrer Sprache nicht in der Lage, abstraktes Wissen zu speichern. Das erscheint kompliziert. Darum erzähle ich Ihnen das am Beispiel des Hundes. Wir gehen mit einem Hund, der Sie doch auch anguckt und bellt und so richtig sich mit Ihnen „unterhalten" kann, wir gehen mit einem Hund durch den Wald - an der Leine natürlich -, und der Hund riecht die Spur eines Hasen, zerrt wie wahnsinnig an der Leine, aber Sie zerren kräftiger, und die Leine hält. Und Sie zerren den Hund aus dem Wald heraus und kommen nach Hause, machen die Leine los, der Hund legt sich friedlich in sein Körbchen und denkt gar nicht daran, das Haus zu verlassen, den Weg zurückzulaufen, die Spur wieder aufzunehmen. Ganz anders ein Kind: Sie gehen mit dem Kind - berühmte Geschichte - durch das Dorf. Das Kind sagt: „Wer wohnt da?" Der Bauer Fritz wohnt da. „Wer wohnt da?" Der Bauer Nikolaus. „Wer wohnt da?" Der liebe Gott. „Wo ist er?" Nicht zu Hause. Sie kommen zu Hause an, auf einmal ist das Kind verschwunden. Nach einiger Zeit kommt es wieder, und der Vater oder die Mutter fragt: „Wo warst du denn?" - „Ja, ich war beim lieben Gott. Ich habe mir das noch mal angesehen. Der liebe Gott war immer noch nicht da, aber die Frau machte die Kirche sauber." Offensichtlich kann das Kind die Idee von einem Haus, in dem der liebe Gott wohnt - oder wer immer - im Gedächtnis behalten.

Das ist das Geheimnis der menschlichen Sprache. Durch die Sprache sind wir in der Lage, Dinge - ja, sozusagen spielerisch - einmal zu verarbeiten, ehe wir überhaupt zur Aktion kommen. Die berühmten Affenversuche von Köhler, die auf viele Weise wiederholt worden sind, scheinen eine hohe „Intelligenz" der Tiere zu zeigen - was ich nicht bestreite. Tiere sind sehr klug und haben ein glänzendes Gedächtnis. Der Ablauf dieser Affenversuche war folgender: Es wurden Bananen an die Decke gehängt und immer höher hinausgezogen, bis die Affen nicht mehr dran kamen. Dann haben die einen Tisch gefunden und einen Stuhl und haben den Stuhl auf den Tisch gestellt, sind daraufgeklettert, um an die Bananen zu kommen. Oder sie haben da Stöcke gefunden, der eine war so'n bißchen hohl, den anderen haben sie mit den Zähnen abgekaut, damit dieser in den hohlen hineingeht, und so haben sie zwei Stöcke verlängert, um die Bananen herunterzuschlagen - aber immer nur dann, wenn Tisch, Stuhl, Stock, Banane im Blickfeld des Affen war. Während wir Menschen ja durchaus in der Lage sind, wenn uns ein Werkzeug fehlt, dann brauchen wir die Schraube nicht mehr zu sehen, die wir aus der Wand kriegen wollen, weil ... wir wissen ja, weil wir mit der Sprache uns sagen können: Da ist eine Schraube, dazu brauche ich ein entsprechendes Werkzeug, um die herauszuholen, und jetzt wandere ich in meinen Keller, und in der großen Unordnung suche ich nach dem entsprechenden Werkzeug, um die Schraube zu entfernen. Das ist eine Funktion der menschlichen Sprache. Es gibt auch noch viele andere Beispiele, aber gerade an diesen primitiven Dingen sieht man, wie groß der Unterschied ist und wie der Mensch eben aus und mit seiner Sprachfähigkeit lebt.

13. GOTT DER HERR hat den Menschen geschaffen

Noch einmal zum Anfang zurück: GOTT DER HERR, der uns - meiner Überzeugung nach - geschaffen hat, ist ein Gott, der Wunder tut. Das ist wieder etwas, was bei uns in der Kirche so sehr eindrucksvoll an den großen Feiertagen verkündet wird. Der Priester geht in die Mitte der Kirche und singt diesen Vers aus dem 77. Psalm:

Unser Gott ist ein Gott, der Wunder tut.

Und bei der ganzen Überlegung - nach meiner Empfindung - in bezug auf die Abstammung des Menschen oder die Schöpfung des Menschen durch Gott stellen wir Gott so dar, als ob Er keine Wunder tut. Und deshalb ist es auch so großartig, daß Gott die einzelnen Arten, wie das in der Bibel berichtet wird, nacheinander geschaffen hat - die da im Meer und die da in der Luft und auf und in der Erde sind. Und nachdem Er all diese Arten ins Leben gerufen hat, bildet Er schließlich den Menschen aus der Erde, bläst ihm Seinen Odem ein und macht ihn damit sprachfähig. Wir könnten noch von vielem anderen reden.

14. Der siebente Tag

Der siebte Tag ist in seinen Begründungen eindrucksvoll. Der siebte Tag ist, wie Sie wissen, der Ruhetag. Dem verdanken wir den Sonntag. Sowohl die Versuche der französischen Revolution wie andere Versuche, das zu ändern, sind gescheitert. Die Woche hatte 10 Tage und hieß Dekade, aber nur für kurze Zeit. Auch Frankreich kehrte zum Sonntag, also zum siebenten Tag, zurück. Eine Begründung für den siebenten Tag ist biologisch nicht zu erbringen. Wenn Sie mit Rhythmikern verhandeln, ich meine jetzt nicht die, die spielen, sondern mit Wissenschaftlern, die die Rhythmik des menschlichen Lebens und des menschlichen Körpers untersuchen, dann hören Sie von vielen rhythmischen Phasen: 24 Stunden, 12 Stunden, 28 Tage. Alles Mögliche gibt es: jahreszeitliche Rhythmen, tageszeitliche Rhythmen, kurzzeitige Rhythmen von Minuten und ähnliche. Es ist eine ganze Wissenschaft für sich, die in ganz erstaunlicher Weise viele Dinge verständlich macht, die wir sonst nicht verstehen, weil Vorgänge in unserem Körper nach der Ordnung der Rhythmik ablaufen.

Aber es gibt keinen 7-Tage-Rhythmus.

Und deshalb ist das Erstaunliche und Großartige: Wir feiern Sonntag, weil es in der Bibel steht, und zwar, um Gott ähnlich zu werden. Wir sind nach Gottes Bild geschaffen. Und deshalb haben die Juden den Sonntag [bzw. den Sabbat] mit solcher Leidenschaft verteidigt. Die Leute wurden gesteinigt, wenn sie auch nur ein paar Zweige aufsammelten, um Feuer zu machen. Deshalb, weil ihnen offenbar bewußt war, was uns dabei gar nicht so klar ist: daß der siebente Tag der Tag ist, an dem wir gegen alle menschliche Rhythmik uns der Rhythmik Gottes anpassen. Ob das nun sechs Tage sind oder sechs riesige Zeitabschnitte, das steht nicht zur Diskussion. Aber für uns sind das die sechs Tage, und der siebente Tag ist der Tag der Ruhe, an dem Gott ruhte. Und deshalb feiern wir den Sonntag, um unser Bild Gottes, das uns prägt, lebendig werden zu lassen.

15. Nach der Erschaffung des Menschen gibt es keine neuen Lebewesen

Und es scheint - rein naturwissenschaftlich -, daß nach dem Auftreten des Menschen auf dieser Erde keine grundsätzlich neuen Arten entstanden sind. Ich hätte vor einiger Zeit diesen Satz noch etwas vorsichtiger und zögernder gesagt, aber auch wenn wir an Bakterien, Pilze, Kleinlebewesen denken - immer wieder hat sich herausgestellt, daß die zwar selten vorhanden waren, daß sie aber doch irgendwo entdeckt wurden. Gerade die Forschung auf AIDS hat uns gezeigt, daß diese AIDS-Viren mindestens in den 20er Jahren schon nachweisbar waren. Früher haben wir sie gar nicht nachweisen können, so daß es auch im Kleinen gilt, aber ich würde mich auch zufrieden geben, wenn das im Großen so wäre. Da tauchen doch nach und nach immer wieder neue Gruppen von Lebewesen auf und verschwinden wieder wie die Saurier. Dann kommen die Mammuts, die Elefanten usw. usw. - immer neue Formen. Und auf einmal ist das vorbei. Da gibt es keine neuen Lebewesen, so daß auch in dieser Hinsicht die Heilige Schrift für mich einfachen Menschen eine geradezu phantastische Überzeugungskraft hat. Was da steht, ist so wahr und wirklich, daß es nur meines sorgfältigen Nachsinnens bedarf, um einfach zu erkennen, wie herrlich Gott uns hier in dieser Schöpfungsgeschichte einen Reichtum und eine Weite der Welt offenbart, mitgeteilt hat, deren Sinn und Bedeutung wir in Geduld und Aufmerksamkeit immer deutlicher erkennen.

+++

17. Jan. 1997

Quelle: Der Schmale Pfad


[1] Simpson G.C. 1. Horses, New York 1951a Bull Amer.Mus.Nat.Hist. 2. Horses and Evolution, Rep 28 Meet ANZAAS Brisburne, 1951b, Seite 160-165. Paul-Overhagen, K. Rahner, Die Probleme der Hominisation, Questiones Disputato 12/13, S. 209f, Herder 1960. (Anm. Verf.)

[2] Die nicht-christlichen Religionen, Fischer-Lexikon, Helmut von Glasenapp, 1957/ 1959, S. 5 (Verf.)

[3] 1. Moses 3,7, 1. Moses 3,14, auch Jesaja 65,25: hebräisch - apur adamah griechisch - chun apo tes ges; gen phage lateinisch - fimo terrae; terram comedis englisch - dust of the ground; dust shall you eat chus: Schutt, Staub; choo: aufschütten fimosus: schlammig; fimus: Schlamm. (Verf.)

[4] Portmann: Goma, das Baseler Gorillakind, Dokumentation Geigy Basel 1950a. (Verf.)

Quelle: Портал Богослов.Ru

Nach oben

Professor der Geistlichen Akademie von Moskau A. I. Osipow:
Das Kirchenschiff beginnt zu sinken

11. August 2009

Professor der Geistlichen Akademie von Moskau, A. I. Osipow, sagte in einem Interview mit der Presseagentur „Russische Linie“ (russ.: «Русская линия»), dass die Kirche nur noch als eine soziale und wohltätige Instanz verstanden wird.

«Merken wir auf! Warum gibt es keine Konferenzen mit dem Leitthema: «Die Grundprobleme des geistliche Lebens heute», - sagte Osipow. – Nein, wir reden über Jugend, Sport, Bildung, Wirtschaft. Doch die Probleme über das geistliche Leben, die für das Christentum, für die Kirche, für die ganze Welt vorrangig sind, werden nicht mal erwähnt. Dies alles zeugt davon, dass das westliche liberale Christentum, das die materiellen Probleme und keineswegs die geistlichen in den Vordergrund rückt, immer mehr an Einfluss gewinnt.»

A. Osipow ist der Meinung, dass die Orthodoxie oft als organisierte soziale Tätigkeit verstanden wird, oder die Menschen sehen in ihr nur die rituelle Seite – zu wem soll ich in meinem konkreten Fall beten, welcher Heiliger wird mir helfen, wenn ich krank bin, oder welche Ikone muss ich verehren.

«Das ist ein Rückfall ins elementare Heidentum, - sagte Osipow. – Darüber, dass die Aufgabe der Orthodoxie darin besteht, das Herz des Menschen von den Leidenschaften zu reinigen, und dass die Menschen dafür richtig beten sollen; was es heißt, sich richtig taufen zu lassen und wie wir richtig kommunizieren – wird so wenig wie möglich ein Wort verloren. Somit liegt der Kern nicht nur in der Kirchenpolitik, sondern in der Zerbröselung unseres Bewusstseins.»

Nach den Worten des Theologen, ist auch die katholische Kirche von dieser Situation betroffen. Christus lehrte uns, dass wir vor allem das Himmlische Königtum suchen sollen, und alles andere wird uns hinzugetan werden. Die Katholiken leben schon lange nach einem anderen Prinzip: «Suchet vor allem, was ihr essen, trinken und was ihr zum anziehen braucht, und das Himmlische Königtum wird euch hinzugetan werden.»

Selbst das Wesen des Mönchstums habe sich verändert: Früher lebten die Mönche in der Einsamkeit. Nach den Worten von A. Osipow, kümmern sich nun die Mönche im Katholizismus, zum Teil auch in der Orthodoxie, um die weltlichen Probleme: Kultur, Sozialwesen, Politik. Junge Mönche nehmen zusammen mit jungen Frauen an Wanderungen und sogar Rockkonzerten teil.

Quelle: Портал Богослов.Ru

Nach oben

Andrej Kuraew über das Frauenpriestertum

17. Dezember 2009

Der Mensch lebt in einer Welt der Symbole. Das unterscheidet ihn von den Tieren, für die jeder Gegenstand einfach nur einem anderen ähnelt und ohne jegliche Bedeutung ist (genauer – wir reden hier von der Reaktion des Tieres auf irgendeinen Gegenstand), und kein besonderes Zeichen oder Symbol darstellt.

Und jene Symbole, unter denen der Mensch lebt, können unterschiedlich sein. Es können Bilder (Ikonen) sein, literarische Symbole, Symbole aus der Kunst, Musik oder aus dem Theater. In der Kirche stellt der Priester auch ein Symbol dar – er ist die liturgische Ikone des Christus. Der Altar aber ist der Raum, in dem Jesus das Heilige Abendmahl vollzog. Die Liturgie ist das Heilige Abendmahl selbst.

Auf diesem Heiligen Abendmahl hat Christus selbst sein Blut und seinen Leib seinen Jüngern gegeben. Er nahm den Kelch und sprach: Trinket, dies ist mein Blut. Es war nicht die Jungfrau Maria, die sagte: trinket, dies ist das Blut meines Sohnes.

Wir werden des Heiligen Blutes Christi teilhaftig, das er uns selbst gab, gerade deswegen muss ein Priester, der uns das Heilige Mysterium spendet, die liturgische Ikone Christi sein, und nicht der Maria.

Außerdem, verteilt der Priester in der Liturgie eben die Gaben. Spenden, Schenken – ist ein Dienst der Männer. Empfangen – ist ein Dienst der Frauen. Somit ist das Priestertum der Ausdruck des männlichen Archetypus.

Das Denken der Protestanten hat sich von der Ikone und der Symbolik abgewendet, und deshalb ist in ihrem System Frauenpriestertum völlig logisch. Ich habe nichts gegen das protestantische Frauenpriestertum einzuwenden. Ich bekräftige aber, dass all die Dienste, die ein protestantischer Pastor vollzieht, auch von einer orthodoxen Frau verrichtet werden können. Betrachten wir nur, welche Funktionen der Pastor in einer protestantischen Gemeinde innehat.

Der protestantische Pastor ist in erster Linie ein Prediger. Eine Frau kann auch bei uns (Russische Orthodoxe Kirche) Prediger oder Lehrer sein (wie es uns schon aus der Sonntagsschule und aus einer theologischen Bildungseinrichtung bekannt ist).

Der protestantische Pastor kann auch ein geistlicher Ratgeber sein, der die Beichte abnimmt. Er erteilt keine Vergebung der Sünden (solche Praxis lässt der Protestantismus nicht zu), er ist lediglich ein Zeuge der menschlichen Buße und Ratgeber. Solche Praxis ist auch bei uns bekannt – es gibt bei uns auch geistlich erfahrene „Greisinnen“. Monialinen (Nonnen) tragen denselben Dienst in unserer Kirche. Nebenbei erwähnt, gibt es auch solche Monialinen, die auch Priester und Bischöfe eines Rates wegen aufsuchen...

Der protestantische Pastor organisiert das Gemeindeleben – doch damit kann sich in unserer Kirche auch eine Frau beschäftigen. Denn, nach ihrer Lehre, existiert die Liturgie als Mysterium nicht, es gibt nur das Gemeindetheater, in dem Menschen die Evangeliengeschichte nachspielen, und ihre „geistliche Erfahrung“ austauschen.

Aus der orthodoxen Auffassung gibt es kein Priestertum im Protestantismus, und ihr Pastor erfüllt keinen Priesterdienst, keinen Mysteriumdienst. Hier ist auch das Geschlecht des Gottesdieners von geringer Bedeutung.

Überhaupt, wie schon bereits von 30 Jahren unser Synod sich zum protestantischen Priestertum äußerte: - „Wir haben keine Bedenken, was die Frage des Priestertum in anderen Konfessionen betrifft, wo das Priestertum an sich, aus der Sicht der Orthodoxie, als Sakrament, folglich, auch der Dienst dieser Priester, nicht anerkannt werden kann.“

pravoslavie.ru

Quelle: Портал Богослов.Ru

Nach oben

Zur Kommunion

19. Februar 2010
von Metropolit Antonij von Sourozh

„Zur gleichen Zeit erhoffen wir uns vom Herrn ein neues Leben, ein Leben der Fülle. Und dieses Leben wird uns immer wieder gegeben, weil uns das Ewige Leben, wenn der Herr zu uns kommt und uns mit Sich Eins werden lässt, umarmt und ganz und gar erfüllt. Dieses uns geschenkte Neue Leben nehmen wir jedoch nicht an. Wir wollen nur Seine Freude nicht aber seine Last. ...  Einerseits beginnt sich das Leben der zukünftigen Welt in uns zu entfalten. Jedoch nur dann wird dieses Leben in uns auch Wurzeln schlagen, wenn wir uns lossagen von den Werken des Bösen ... mit aller Kraft des Willens, schonungslos uns selbst und unseren Schwächen gegenüber und wenn wir ... dieses Ewige Leben in uns hegen und nähren durch ein Leben, wie es uns das Evangelium aufzeigt ..." - aus einer Predigt zum Thema der Kommunion von Metropolit Antonij von Sourozh

Fastenzeit 1967

In den Wochen der Fastenzeit werden viele von uns zum Abendmal kommen. Zum Sakrament der Heiligen Kommunion sollten wir sehr bewußt herantreten und wissen, was wir tun, worum wir bitten und was dies für uns bedeutet.

An der Heiligen Kommunion teilnehmen, heisst, den Herrn anzurufen, dass Er mit uns Eins sein möge. Nicht nur seelisch, sondern auch in unserem Leib vollzieht sich ein Mysterium. Sein Leben wird unser Leben und unser wird Seins. Jedes Mal deshalb, wenn wir, nachdem wir am Abendmal teilgenommen haben, erneut auf unsere dunklen Pfade zurückkehren, ziehen wir auch den Herrn qualvoll mit auf diese Bahn. Und wir tun Ihm damit Gewalt an, wir zerren Ihn auf den gleichen Weg des Leidens, der Ihn einst zur Seiner Kreuzigung führte, zu Seinen Schmerzen, zu Seiner Verspottung. Das alles sollten wir bedenken!

Zur gleichen Zeit erhoffen wir uns vom Herrn ein neues Leben, ein Leben der Fülle. Und dieses Leben wird uns immer wieder gegeben, weil uns das Ewige Leben, wenn der Herr zu uns kommt und uns mit Sich Eins werden lässt, umarmt und ganz und gar erfüllt. Dieses uns geschenkte Neue Leben nehmen wir jedoch nicht an. Wir wollen nur Seine Freude nicht aber seine Last. In diesem ersten Vorgeschmack des Ewigen Lebens schon hier auf der Erde existiert auch eine Last und eine tragische Seite, nicht nur Freude und Jubel. Einerseits beginnt sich in uns das Leben der zukünftigen Welt zu entfalten. Jedoch nur dann wird dieses Leben in uns auch Wurzeln schlagen, wenn wir uns lossagen von den Werken des Bösen, der Dunkelheit, der Zersetzung und des Todes, wenn wir uns bewußt dagegen entscheiden, mit aller Kraft des Willens, schonungslos uns selbst und unseren Schwächen gegenüber und wenn wir dazu außerdem dieses Ewige Leben in uns hegen und nähren durch ein Leben, wie es uns das Evangelium aufzeigt, d.h. durch ein Handeln, welches das Ewige Leben nicht mit Füßen tritt. Wir nähren es auch ebenso durch Gebet.

Es gibt noch eine andere Seite. Wir bitten den Herrn, dass Er mit uns Eins sein möge und so all die schwere Last unseres Lebens auf Sich nehme und sie gemeinsam mit uns trage. Gleichzeitig jedoch sollten auch wir dazu bereit sein, das Schicksal des Menschgewordenen Gottessohnes auf der Erde auf uns zu nehmen, einerseits dem Himmel, Gott und der Wahrheit anzugehören mit allem, was daraus resultiert: das heisst innerer Kampf mit dem, was in uns nicht von der Wahrheit ist, was in uns Tod bedeutet. Dass heisst weiterhin, bereit zu sein für die Wahrheit Gottes einzustehen, für das Geheimnis des Gottesreiches, für die Liebe Gottes auf der Erde in unseren Beziehungen zu den Menschen, auch dort wo dies bedeutet, ein Opfer zu bringen, sich zum Opfer zu bringen. Zuletzt bedeutet dies aber auch unsere Pflicht, im Namen des Herrn und Seiner Wahrheit dazu bereit zu sein, dass die Menschen einen verschmähen werden, fremd zu sein für all die, die bewußt oder unbewußt nicht für diese Wahrheit leben.

Deshalb sollten wir uns auf die Heilige Kommunion sehr aufmerksam und mit voller Konzentration vorbereiten, also  sehr bewußt und vorbereitet zur Beichte zu gehen, sich von allem, was Falsch in uns ist, loszusagen, all das, was uns wieder gefangen nehmen kann, abzustreifen und sich innerlich darauf vorzubereiten, nach der Beichte und dem Einswerden mit Christus zu beginnen, ein neues Leben zu leben, was dies uns auch kösten möge.

Wenn wir so an das Sakrament der Kommunion herantreten, dann wird das Geschenk des Einswerdens mit Christus, des Erfülltwerdens mit der Gnade des Heiligen Geistes, jenes neue und unausprechliche herzliche Du mit dem Vater und in Ihm mit allen Menschen, Früchte tragen. Wenn dies nicht geschieht, werden wir sehr sehr betrübt sein, wenn wir merken, dass wir, obwohl wir Gott anrufen, keine  Hilfe bekommen und kraftlos bleiben. Nicht weil Gott uns nicht helfen würde, nicht weil wir ohne Kraft sind, sondern weil wir das, was Gott uns schenkt, immer wieder so leichfertig in einem leeren Leben verschleudern.

Deshalb lasst uns nun voller Freude zu einem Neuen Leben herantreten. Alle wir, die, die bereits kommuniziert haben und auch jene, denen diese unbeschreibliche Freude noch bevorsteht, mögen so zu leben beginnen, dass durch uns der Himmel auf die Erde herabkommt, dass das Himmelreich, welches in uns wohnt, all das, was um uns herum ist, umarmen möge, im Großen und im Kleinen.

Amen.

Quelle: Портал Богослов.Ru

Nach oben

ZURÜCK

DER ORTHODOXE KALENDER

HEUTE

 

 
 

 

 


"Мысли на каждый день года" свт. Феофана Затворника

<PATRIARCH> <ERZBISCHOF> <PFARRER> <GOTTESDIENSTE> <KIRCHENGEMEINDE> <ANDERE PFARREN> <GEBETE> <BIBLIOTHEK> <PUBLIKATIONEN> <IKONEN> <LINK-KOLLEKTION> <FOTO-KOLLEKTION> <KONTAKT> <LAGEPLAN> <DEM SPENDER> <IMPRESSUM>

Russisch-orthodoxe Kirchengemeinde zu Mariä Schutz in Graz (Moskauer Patriarchat)
Schatzkammerkapelle, Mariahilferplatz 3, 8020 Graz
Telefon des Pfarrers: +43 676 394 73 34
***
Diese Website in beiden Sprachvarianten wird nach dem Segnen von Seiner Hochwürdigsten Eminenz Erzbischof Mark herausgegeben

E-Mail: Bitte hier klicken!

Aktualisiert: 21.07.2010

© Ðóññêèé Ïðàâîñëàâíûé Ïðèõîä Ïîêðîâà Ïðåñâÿòîé Áîãîðîäèöû â Ãðàöå (Ìîñêîâñêèé Ïàòðèàðõàò)

 

Design & Produktion © Andrej Sidenko

gratis Counter by GOWEB